Argumente zur Gesundheitspolitik

In Österreich werden jährlich über 16 Milliarden Euro für Gesundheitsleistungen ausgegeben. Mit rund 7,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen Österreichs Gesundheitsausgaben im EU-Mittelfeld: In den bisherigen 15 EU-Staaten machen sie durchschnittlich 8,1 Prozent des BIP aus.

Österreichs Gesundheitsausgaben werden zum allergrößten Teil aus den Beiträgen zur Sozialversicherung finanziert. Die öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände), also die Steuerzahler, bringen nur etwa 20 Prozent der nötigen Mittel auf.

Die Sozialversicherungsbeiträge und die Zuschüsse aus den öffentlichen Haushalten decken derzeit rund 70 Prozent der Gesundheitsausgaben. Den Rest bringen die Patienten durch private Zuzahlungen verschiedener Art auf: Selbstbehalte, Prämien für private Krankenversicherungen, sonstige Eigenleistungen.

30 Prozent Zuzahlung

Mit 30 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben liegt der private Finanzierungsanteil in Österreich im europäischen Vergleich bereits im oberen Bereich. Man darf annehmen, dass die Folge davon eine negative Verteilungswirkung zu Lasten niedriger Einkommen ist (siehe Tabelle 1: »Gesundheitsausgaben in Österreich«).

In den Neunzigerjahren sind die Gesundheitsausgaben in ganz Europa gestiegen. Als Erklärung dafür werden insbesondere die demografische Entwicklung (mehr ältere Menschen und steigende Lebenserwartung), der medizinische und technische Fortschritt und steigende Erwartungshaltungen an das Gesundheitssystem hervorgehoben. Grafik 1 »Gesamte Gesundheitsausgaben im Vergleich« zeigt, dass Österreich dabei keine Sonderstellung einnimmt und der Anteil der Gesundheitsausgaben um weniger als einen Prozentpunkt gestiegen ist.

Zwei Grundpositionen

Als Antwort auf die steigenden Abgänge der Krankenversicherung stehen sich zwei völlig unterschiedliche Positionen gegenüber, die sich vereinfacht etwa so darstellen:

  • Die Abgänge der Krankenversicherung sind Ausdruck struktureller Änderungen im medizinischen Bedarf der Bevölkerung und Folge höherer Kosten durch die Weiterentwicklung der medizinischen Behandlungsmöglichkeiten. Angesichts dieser steigenden Anforderungen werden zusätzliche Mittel für das Gesundheitswesen gefordert.
  • Die Gegenposition geht davon aus, dass genügend Geld vorhanden sei, dieses aber falsch eingesetzt wird. Durch eine bessere Verteilung und einen effizienten Einsatz der Ressourcen könnten Beitragserhöhungen oder die Bereitstellung zusätzlicher Steuermittel vermieden werden.

In diesem Beitrag geht es hauptsächlich um die Verteilung der vorhandenen Mittel am Beispiel des Ausgleichsfonds der Krankenversicherung. Weil die Beitragseinnahmen der Krankenkassen und der Bedarf ihrer Beitragszahler unterschiedlich sind, ist der Ausgleich innerhalb der einzelnen Solidargemeinschaften unzureichend. Ein bundesweiter Finanzierungsausgleich zwischen den Kassen ist unumgänglich. Ist er nicht vorhanden oder mangelhaft, kann der gleiche Zugang zu Gesundheitsleistungen bei gleichem Bedarf nicht gewährleistet werden. Versicherungsträger, die in einem relativ günstigen Umfeld handeln, können Rücklagen ansammeln und bessere Leistungen bieten. Jene mit einem höheren Krankheitsrisiko ihrer Versicherten oder niedrigeren Beitrageinnahmen weisen hingegen Abgänge aus und müssen ihr Leistungsangebot einschränken.

In diesem einfachen Umstand ist die herausragende gesundheitspolitische Bedeutung des solidarischen Finanzierungsausgleichs begründet. Er ist eine unabdingbare Voraussetzung für die bedarfsgerechte Versorgung mit Gesundheitsleistungen.

Gekipptes Gesetz

Der Verfassungsgerichtshof hat die von der Regierung im Jahr 2000 festgelegte Neuorganisation der Krankenkassen-Finanzierung als verfassungswidrig aufgehoben. Damit wurde der ohnehin mangelhafte Ausgleichsfonds zu einem völlig untauglichen Instrument des solidarischen Finanzierungsausgleichs.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes berührt vier Themen:

  1. Die Solidargemeinschaft
  2. Erhöhte Beitragsleistung, Zielvereinbarungen
  3. Mangelhafte Kriterien für den Strukturausgleich
  4. Gewährung von Darlehen

1. Die Solidargemeinschaft

Durch die Neuregelung wurden die Krankenkassen der öffentlich Bediensteten, der Eisenbahner, der Gewerblichen Wirtschaft und der Bauern in den Ausgleichsfonds einbezogen.

Im Verfahren des Verfassungsgerichtshofes wurden die Grenzen der Solidargemeinschaft neu definiert. Dadurch, dass die Beitragssätze und Beitragsgrundlagen sowie die Selbstbehalte der einzelnen Krankenkassen unterschiedlich sind, kann eine systemimmanente Begünstigung bzw. Benachteiligung einzelner Träger resultieren. Sind ihre Einnahmen dadurch günstiger, werden sie in einem übergreifenden Finanzierungsausgleich benachteiligt.

Zudem findet bei den genannten Trägern durch die bundesweite Organisation bereits intern ein Risikoausgleich statt, während die Gebietskörperschaften regional gegliedert sind.

Diese Besonderheiten wurden nicht berücksichtigt, daher sah der Verfassungsgerichtshof die Einbeziehung dieser Träger als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und somit als verfassungswidrig an.

Demgegenüber werden die Unterschiede im beitragspflichtigen Einkommen pro Kopf der Versicherten ausdrücklich als zulässige Ausgleichskriterien bestätigt.

Zur (Bauern-)Kasse gebeten

Im Ergebnis wird mit dieser Entscheidung ein zentrales Leitmotiv der Regierung angesprochen. Bis 2000 hat der Bund einen finanziellen Ausgleich für die bäuerliche Krankenversicherung aus Steuermitteln aufgebracht (zuletzt 670 Millionen Schilling bzw. 48,7 Millionen Euro).

Die Einbindung in den Geltungsbereich des Ausgleichsfonds sollte in erster Linie den Bundeshaushalt entlasten, die aus strukturellen Gründen bestehenden Finanzierungserfordernisse der bäuerlichen Krankenkasse wurden auf alle anderen Versichertengemeinschaften verlagert. Dies hätte die systematische Begünstigung eines Trägers zu Lasten aller anderen bewirkt. Dabei war die erforderliche Festlegung der maßgeblichen Kriterien für einen zulässigen und auch notwendigen Ausgleich unterschiedlicher Risikostrukturen jedoch unterblieben.

2. Erhöhte Beitragsleistung, Zielvereinbarungen

Der Beitrag der Träger zum Ausgleichsfonds war zuletzt mit zwei Prozent der Beitragseinnahmen festgelegt. Für die Jahre 2003 und 2004 wurde die Beitragsleistung auf vier Prozent angehoben. In Summe wären damit rund 450 Millionen Euro zur Verfügung gestanden. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Verdoppelung des Beitrags waren zur Finanzierung eines besonderen Zuschusses gedacht: Ausgehend von Zielen, die durch die Geschäftsführung und den Verwaltungsrat einseitig vorgegeben worden wären, sollten finanzielle Anreize für die Umsetzung dieser Ziele geschaffen werden. Die gesetzliche Umsetzung war jedoch so mangelhaft und in ihrer Formulierung unbestimmt, dass auch sie vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde.

Unklarheit ermöglicht Willkür

Die Unklarheiten der Verteilungskriterien hätten es möglich gemacht, nach Gutdünken völlig unterschiedliche Ziele zu verfolgen. Damit wurde das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit bei der Vollziehung von Gesetzen verletzt.
Weil der Verwendungszweck als verfassungswidrig beurteilt wurde, wurde auch die damit in Verbindung stehende Beitragserhöhung zum Ausgleichsfonds von zwei auf vier Prozent aufgehoben.

Auch damit wurde ein zentrales Leitmotiv der Bundesregierung außer Kraft gesetzt.
Die Regelung basierte auf der fragwürdigen Vorstellung, dass eine starke Geschäftsführung einseitig Zielvorgaben formuliert und die Selbstverwaltung in den Krankenversicherungsträgern durch finanzielle Anreize dazu gebracht hätte, sie umzusetzen.

Die Versicherungsträger wären nach diesem Konzept zur Zahlung eines Beitrages verpflichtet worden, hätten aber über die Verwendung nicht mitentscheiden können. Es war genau dieser systematisch angelegte Ausschluss der Selbstverwaltung, der letztlich zur Aufhebung der Reform des Hauptverbandes geführt hat.

3. Mangelhafte Kriterien für den Strukturausgleich

Im Verfahren standen auch die Kriterien zur Diskussion, die für die Verteilung der Mittel im Ausgleichsfonds herangezogen werden sollten.

Der Ausgleichsfonds soll eine ausgeglichene Gebarung der Krankenkassen gewährleisten und eine ausreichende Liquidität der einzelnen Träger sicherstellen. Dabei sollen Strukturnachteile berücksichtigt und in Form von Zuwendungen an Träger mit nicht beeinflussbaren Risikofaktoren ausgeglichen werden.

Das Gesetz listete folgende Faktoren demonstrativ auf:

  • Beitragseinnahmen pro Versichertem
  • Aufwand für beitragsfrei Mitversicherte
  • Beiträge der Träger zur Krankenanstaltenfinanzierung pro Versichertem
  • Aufwand für Pensionisten
  • Belastung durch den Betrieb einer Krankenanstalt
  • Großstadtfaktor
  • Kassenlage

Die nähere Festlegung und Gewichtung dieser Faktoren wurde an die Geschäftsführung und den Verwaltungsrat übertragen.

Die Entwicklung von brauchbaren Risikofaktoren ist in erster Linie Ausdruck eines Solidaritätsverständnisses zwischen den Trägern. Die bisherige Diskussion hat sehr deutlich die Grenzen zwischen programmatischer Selbstverständlichkeit und realer Umsetzung aufgezeigt. Über den Grundsatz des gleichen Zugangs zu Gesundheitsleistungen bei gleichem Bedarf, unabhängig vom Einkommen und Wohnsitz, besteht grundsätzlich Übereinstimmung. Schwieriger ist aber die Umsetzung, weil sie die Bereitschaft zur regionalen Umverteilung von finanziellen Mitteln erfordert. Tatsächlich ist es bisher nicht gelungen, einen brauchbaren Konsens herzustellen. Dies ist auch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof eindrucksvoll dokumentiert worden.

Kassenlage – was ist das?

In seiner Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof zwei Faktoren wegen mangelnder Bestimmtheit aufgehoben: Die »Kassenlage« kann von verschiedenen Umständen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite bestimmt werden, diese Faktoren wurden nicht dargestellt. Gleiches wurde über den »Großstadtfaktor« gesagt. Im Gesetz finden sich keine Kriterien, die dafür als Messgröße herangezogen werden könnten. Es fehlt die Bezeichnung der Strukturnachteile, die eine Zahlung aus dem Ausgleichfonds auslösen können.

Demgegenüber hat der Verfassungsgerichtshof den Strukturnachteil, der aus dem Betrieb einer Krankenanstalt entsteht, ausdrücklich bestätigt, weil der Gesetzgeber Gebietskrankenkassen zum Betrieb von Krankenanstalten verpflichtet, die sie am 30. Juni 1994 betrieben haben.

4. Gewährung von Darlehen

Insgesamt haben die Krankenversicherungsträger ein strukturelles Defizit. Dieses ist auch auf die Verlagerung von Finanzierungslasten vom Bund zu den Krankenversicherungsträgern zurückzuführen (Umsatzsteuer für Medikamente, Beiträge für Arbeitslose usw.). Die Ausgangssituation innerhalb der Krankenkassen ist allerdings sehr unterschiedlich. Einige haben Überschüsse in Form von Rücklagen, während andere ihre laufenden Ausgaben mit Darlehen finanzieren müssen und am Rande der erforderlichen Liquidität stehen. Vor diesem Hintergrund wurde eine Empfehlung der Sozialpartner umgesetzt und den Trägern, die über Rücklagen verfügen, die Zahlung eines Zwangsdarlehens an den Ausgleichsfonds auferlegt. Die Höhe des Darlehens war gesetzlich festgelegt. Die Rückzahlung sollte auf der Grundlage eines Tilgungsplans im Jahr 2005 beginnen und 2009 abgeschlossen sein.

Die leidigen Zwangsdarlehen

Auch diese Konstruktion war schon bei der Beschlussfassung äußerst umstritten, weil damit ein unzulässiger Eingriff in die Gebarung der positiv abschließenden Krankenkassen gesehen wurde. Für die Übertragung von Überschüssen an andere Sozialversicherungsträger konnte die Bundesregierung die Erfordernisse eines persönlichen und sachlichen Zusammenhangs nicht begründen. Der Verfassungsgerichtshof hat daher auch die Zwangsdarlehen aus sachlichen Gründen abgelehnt. Bereits im Vorfeld wurde von den Krankenkassen die erkennbare Unfähigkeit des Hauptverbandes zur Rückzahlung der Darlehen problematisiert. Um welche Beträge es dabei geht, verdeutlicht Grafik 2 (»Die Zahler der Zwangsdarlehen im Einzelnen«).

Ergebnis der Verfassungsgerichtshofentscheidung

Die Aufhebung der neu gestalteten Krankenkassen-Finanzierung reiht sich in eine lange Serie ähnlich verfehlter Entscheidungen in der Gesundheitspolitik. Bestehende Strukturprobleme werden dadurch noch verschärft. In der nächsten Zeit ist nicht nur die Neukonzeption eines Struktur- und Risikoausgleichs notwendig, der die vorhandenen Mittel nicht nach Willkür, sondern nach bedarfsorientierten Kriterien verteilt. Darüber hinaus ist die Rückzahlung der erhöhten Beiträge und der Zwangsdarlehen (rund 380 Millionen Euro) zu leisten.

Einige Träger haben bereits die vorzeitige Tilgung der Darlehen durch den Hauptverband geltend gemacht und ihre Ansprüche gegen die laufenden Zahlungen an den Ausgleichsfonds gegengerechnet. Fest steht jedenfalls, dass einige Träger dadurch höhere Überschüsse ausweisen werden, zumindest vorübergehend, während andere auf dem Geldmarkt zusätzliche Darlehen aufnehmen müssen.

Neuer Struktur- und Risikoausgleich

Ein Struktur- und Risikoausgleich soll die Verteilung der vorhandenen Geldmittel so steuern, dass die Krankenkassen ihre Leistungen unabhängig vom Wohnsitz und Einkommen der Versicherten finanzieren können.

Ausgehend von der funktional und regional aufgesplitterten Verantwortung im Gesundheitswesen ist die Zuordnung von Finanzmitteln auch im Verteilungsschlüssel vom Bund zu den Ländern im Rahmen der Krankenanstaltenfinanzierung relevant. Auch hier ist der Bedarf der Bevölkerung das entscheidende Kriterium. Als bedarfsgerecht kann die Zuteilung von Mitteln angesehen werden, wenn sie der Risikostruktur und dem daraus abgeleiteten finanziellen Bedarf entspricht.

Dabei werden demographische Faktoren (Alter, Geschlecht), Mortalität und Morbidität (Sterblichkeit und Krankheitsanfälligkeit) sowie sozio-ökonomische Kriterien berücksichtigt. Zusätzlich werden meist auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen im Verhältnis zu den Anbietern von Gesundheitsleistungen berücksichtigt.

Der demographische Faktor

Demographisch orientierte Modelle sehen Alter und Geschlecht als maßgebliche Faktoren für die Gesundheitsausgaben. Tatsächlich können enorm unterschiedliche Gesundheitsausgaben für die verschiedenen Altergruppen festgestellt werden. Für alle Versorgungsebenen gilt, dass die Gesundheitsausgaben mit dem Alter steigen. Daraus folgen konsequenterweise höhere Ausgaben für Krankenkassen mit einem höheren Anteil älterer Menschen.

Der klare Zusammenhang zwischen Alter und steigenden Gesundheitsausgaben kann etwa am Beispiel der Ausgaben für Medikamente gezeigt werden. Er gilt aber auch für die ärztliche Versorgung und die Behandlung im Spital. Auf allen Versorgungsebenen ist der Bedarf Älterer an Gesundheitsleistungen am höchsten. Dies illustriert Grafik 3: »Ausgaben für Medikamente und Ärzte 2002«.

Alter als Kostenfaktor

In der gesamten Sozialversicherung sind rund 34 Prozent der Versicherten über 50 Jahre alt, 22 Prozent über 60 und 12 Prozent über 70. Tabelle 2 (»Anteil älterer Menschen an den Versicherten, 2002«) zeigt aber, wie verschieden die Altersverteilung bei den einzelnen Trägern ist. Der Anteil der über 50-Jährigen ist am höchsten in der VA-Bergbau (63,8 Prozent) und am niedrigsten in Tirol (27,1 Prozent). Angesichts solcher Unterschiede ist der Ausgleich der unterschiedlichen Bedürfnisse jüngerer und älterer Menschen in jedem Risikoausgleich ein unverzichtbares Element.

Tatsächlich zeigt auch ein europäischer Vergleich, dass alle Gesundheitssysteme das Alter als Ausgleichsfaktor berücksichtigen. Dabei zeigt sich zwischen den Geschlechtern keine grundlegende Abweichung. Gesundheitsausgaben für jüngere Frauen liegen aber über denen der gleichaltrigen Männer. Auch dies wäre zu berücksichtigen.

Bei den diagnoseorientierten Modellen werden die Gesundheitsausgaben aus der Art der Erkrankungen abgeleitet. Diagnosen werden nach Kosten bewertet und im Risikoausgleich berücksichtigt. Voraussetzung ist jedoch die Verfügbarkeit gesicherter Daten über den Zusammenhang von Diagnose, Alter und Behandlungskosten. Alter und Geschlecht, verbunden mit der Verschreibung von Arzneimittel für bestimmte Diagnosen, können insbesondere bei der Erklärung der Ausgaben für chronisch Erkrankte brauchbare Ergebnisse bringen.

Erfahrungsgemäß fallen in den letzten Lebensjahren höhere Gesundheitsausgaben an. In dieser Zeit konzentrieren sich intensive und kostspielige Behandlungen. Die Mortalitätsraten der Krankenkassen beeinflussen daher auch ihre Gesundheitsausgaben. Doch sind die tatsächlichen Kosten sehr unterschiedlich und schwer vorauszusagen.

Eine Aufstellung der Mortalitätsraten nach Bundesländern zeigt deren überdurchschnittliche Höhe in Niederösterreich, Wien und im Burgenland. Dementsprechend sind diese Kassen mit Mehrausgaben konfrontiert (siehe Tabelle 3: »Mortalitätsrate«).

Sozio-ökonomische Faktoren

Kriterien, die an der Beschäftigungslage, der Familiengröße, Lebensform (Allein Stehende!) oder anderen sozio-ökonomischen Besonderheiten einer Region anknüpfen, können den unterschiedlichen Bedarf an Gesundheitsleistungen abbilden. Dieser Ansatz geht davon aus, dass ungünstige sozio-ökonomische Bedingungen auch mit einer höheren Mortalität und Morbidität verbunden sein können.

Dieser Zusammenhang wird am Beispiel der Arbeitslosigkeit besonders deutlich. Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit, weist aber deutliche regionale Gefälle auf, was Grafik 4 (»Arbeitslosigkeit 2002«) verdeutlicht. Auch für Österreich kann gezeigt werden, dass Arbeitslose ein höheres Krankheitsrisiko haben. Dementsprechend führt auch die Höhe der Arbeitslosigkeit zu unterschiedlichen Gesundheitsausgaben. Dies gilt auch für Sozialhilfebezieher.

Arbeitslosigkeit macht krank

Die Krankenstände bei Arbeitslosen sind in den Neunzigerjahren drastisch gestiegen und derzeit doppelt so hoch wie bei Erwerbstätigen (siehe Grafik 5: »Krankenstandsquoten«).

Auch die überdurchschnittliche Häufigkeit von Spitalsaufenthalten kann als Hinweis auf relativ ernsthafte Erkrankungen angesehen werden.

Die Bewertung solcher sozialer Lebenslagen hängt allerdings in hohem Maß vom Solidaritätsverständnis der gesundheitspolitischen Akteure ab.

Regional unterschiedliche Produktionskosten (Lohnniveaus, Mieten oder Produktionskosten auf Anbieterseite) können von den Krankenkassen schwer beeinflusst werden. In den Niederlanden wird beispielsweise zwischen fünf Kategorien der Urbanisierung unterschieden. Bei der Zuteilung von Ressourcen variieren die durchschnittlichen Kopfquoten zwischen 11 Prozent unter dem Landesdurchschnitt im ländlichen Raum und 18 Prozent darüber in hochverdichteten Zentralregionen.

R E S Ü M E E
Wenn der gleiche Zugang zu Gesundheitsleistungen weiter Ziel der Gesundheitspolitik sein soll, ist die Neuordnung des Ausgleichsfonds ein dringendes Anliegen. Die derzeitige Konstruktion wurde aber vom Verfassungsgerichtshof wegen ihrer Unsachlichkeit zu Recht aufgehoben. Die bessere Verteilung der vorhandenen Mittel ist notwendig. Es sind aber auch zusätzliche Mittel erforderlich, um in Verbindung mit einem effizienten Einsatz den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Die Neuordnung wird neben demographischen Kriterien, die außer Streit stehen dürften, auch weitere Faktoren zu berücksichtigen haben, die von Solidaritätsverständnis der geundheitspolitischen Akteure abhängig sind.

Von Georg Ziniel (Mitarbeiter der Wiener Gebietskrankenkasse)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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