Steuerverteilung

Jeder von uns will öffentlich finanzierte Leistungen in Anspruch nehmen: Kindergärten, Schulen und Horte. Universitäten. Pensionen, Krankenversicherung und Krankenhäuser. Soziale Hilfe. Parks und Bäder. Straßen und Straßenbeleuchtung. Bahn, Bus und Post. Müllbeseitigung, Wasser und Strom. Polizei.

Wir wissen auch, dass wir alle dafür zahlen müssen. Mit Steuern, Abgaben, Beiträgen und Gebühren. Aber: Jeder meint, er zahlt zu viel und die anderen zahlen zu wenig. Das System ist ungerecht. Für ihn selber sollten die Belastungen jedenfalls geringer sein.

Man kann die These aufstellen, das wichtigste für uns alle ist eine blühende Wirtschaft. Daher solle man die Wirtschaft, wie es nur geht, fördern und von den Unternehmen und den Unternehmern möglichst wenig, womöglich sogar gar keine Steuern einheben. Man kann auch, etwas weniger krass, behaupten, jedenfalls müsste die Unternehmerbesteuerung bei uns geringer sein als in den anderen Ländern

Allerdings – wenn man ordentliche Statistiken halbwegs seriös betrachtet, kann man sowohl aus internationalen Vergleichen als auch an Hand von langfristigen Entwicklungen die verschiedenen Argumente einer aktuellen Steuerdebatte etwas neutraler beurteilen.

Ein gerade bei Konservativen beliebter internationaler Vergleich ist die so genannte Abgabenquote (auch Staatsquote genannt). Sie gibt an, ein wie großer Anteil des Bruttonationalprodukts vom Staat in Form von Steuern und Abgaben jeder Art zur Erfüllung seiner Aufgaben in Anspruch genommen wird. Wobei für solche internationalen Vergleiche als »Staat« immer der Gesamtstaat, inklusive seiner regionalen Untergliederungen (in Österreich die Bundesländer), den Gemeinden und der öffentlichen Sozialversicherung verstanden wird. Neoliberale meinen, um so geringer die Staatsquote, um so besser für ein Land.

Anderswo

Das dürfte aber so doch nicht stimmen. Schaut man sich nämlich solche Vergleiche an, dann fällt sofort auf, dass (bei aller Toleranz für statistische Unschärfen) vor allem die westeuropäischen Staaten mit einer sozialen Marktwirtschaft die höchsten Abgabenquoten haben und die ärmsten Entwicklungsländer die niedrigsten. Haben die es deswegen besser? Niedriger als in Europa ist die Abgabenquote allerdings auch in den USA. Warum? Nun weil es dort keine öffentliche Krankenvorsorge gibt, weil viele Schulen und Universitäten privat sind, weil die Infrastruktur (wie Straßen, Brücken, öffentliche Verkehrsmittel) vernachlässigt wird, kurz gesagt, weil es dort weniger und schlechtere öffentlich finanzierte Leistungen gibt. Ob das ein Vorteil für die Amerikaner ist, wird selbst in den USA von vielen, gerade auch von den Gewerkschaften, bezweifelt.

Aber bleiben wir in Westeuropa. Wie liegt da Österreich? Nun, allzu weit auseinander gehen hier die Abgabenquoten nicht. Besonders dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass alle derartigen Statistiken zu einem erheblichen Teil auch auf Schätzungen beruhen müssen und daher ein oder zwei Prozent auf oder ab nicht allzu viel aussagen. In Westeuropa liegen die allermeisten Länder knapp bei 40%. Je nachdem, welche Statistik man verwendet, liegt Österreich ein bisschen weiter vorn oder hinten, aber jedenfalls im oberen Mittelfeld. Angesichts unserer guten öffentlichen Leistungen kein schlechter Platz.

Steuergerechtigkeit

Aber wie ist diese Abgabenquote auf die einzelnen Steuerträger verteilt? Wer finanziert unsere Abgabenquote und ist diese Finanzierung gerecht? Vom Standpunkt der Steuergerechtigkeit gilt ohne jeden Zweifel, dass man ganz grob vorerst zwischen direkten und indirekten Steuern unterscheiden muss. Die indirekten Steuern werden auf die Ausgaben der Steuerpflichtigen eingehoben. Es sind Steuern wie die Mehrwertsteuer (mit Abstand die wichtigste davon), die Mineralölsteuer, die Tabaksteuer usw.

Solche indirekte Steuern kann man nur schwer und in engen Grenzen sozial staffeln. Sie belasten im großen gesehen die Bezieher kleiner Einkommen in etwa mit dem gleichen Prozentsatz ihrer Einkommen wie die Bezieher hoher Ein-kommen. Die direkten Steuern werden auf die Einkommen (von Personen und von Firmen) und auf Vermögen eingehoben. Solche Steuern kann man wesentlich leichter sozial staffeln. Um so mehr jemand verdient oder Vermögen hat, einen um so größeren Anteil davon muss er als Steuer bezahlen. Das nennt man Steuerprogression und die gibt es in Österreich jedenfalls bei der Lohnsteuer und der veranlagten Einkommensteuer der Unternehmer.

Man kann daher davon ausgehen: Um so kleiner der Anteil der direkten Steuern am gesamten Steueraufkommen, um so größer der Anteil der indirekten Steuern und um so weniger sozial gerecht ist das Steuersystem.

Vermögensteuer : Einkommensteuer

Hier schneidet Österreich im Vergleich besonders schlecht ab. Bei uns machen indirekte Steuern über 30% der Steuereinnahmen aus. Zum Vergleich: In den Niederlanden, in Belgien, in Deutschland und in Frankreich sind es knapp unter oder knapp über 26% und in den sicher nicht extrem sozialen USA sind es sogar nur 17%. Wollen wir ein gerechteres Steuersystem im Vergleich mit Ländern mit einem Wirtschafts- und Sozialsystem wie dem unseren, dann werden wir mittelfristig die Steuerlast allmählich doch zumindest ein bisschen von den indirekten zu den direkten Steuern verschieben müssen.

Die nächste Frage die man sich stellen muss ist die, wie die direkten Steuern verteilt sind. Die erste grobe Unterscheidung ist zwischen Steuern auf Einkommen und Steuern auf Vermögen. Bei den Steuern auf Vermögen zählt Österreich international gesehen zu den Schlusslichtern. Bei uns bezieht der Staat gerade einmal 2,7% seiner Einnahmen aus dieser Quelle, in Frankreich sind es zum Beispiel 5,0%, in der Schweiz 7,1% und bei Großbritannien stattliche 7,9%. Der amerikanische Staat bezieht sogar 11,4% seiner Steuereinnahmen von den Vermögen seiner Bürger.

Was ist die Ursache für das geringe Aufkommen der Steuern vom Vermögen in Österreich? Es kann wohl nicht an den geringen Vermögen liegen – die Österreicher gehören zu den reicheren Bürgern dieser Welt und Jahr für Jahr werden neue Vermögensrekorde gemeldet. Aber wir haben kaum Steuern auf Vermögen. Die Erbschaftssteuer, die in anderen Industriestaaten hohe Einnahmen erbringt, ist durch die niedrigen Bewertungen, vor allem aber durch die vielen Privatstiftungen in Österreich weitgehend ausgehöhlt. Die Grundsteuern bringen sehr wenig, weil die Einheitswerte unrealistisch niedrig sind. Und eine echte Vermögensteuer hat Österreich im Gegensatz zu vielen anderen Industriestaaten ohnehin nicht mehr.

Lohnsteuer: Gewinnsteuer

Es mag mehr oder weniger gute Gründe für diese extrem niedrige Besteuerung der Vermögen geben. Tatsache bleibt: Wenn man weniger Steuern von den Vermögen einhebt, muss man mehr Steuern von anderen Quellen schöpfen. Eine dieser Quellen ist, wie wir schon gezeigt haben, die wichtigste indirekte Steuer, die Mehrwertsteuer. Die zweite Quelle ist, wie wir nun zeigen werden, die Lohnsteuer.

Wenden wir uns den Steuern vom Einkommen zu. Hier ist es üblich, zwischen den Steuern auf Lohneinkommen (also Löhne, Gehälter und Pensionen), in Österreich Lohnsteuer genannt, und den Steuern auf Einkommen aus Unternehmen und Kapitalveranlagung, das sind in Österreich im Wesentlichen die veranlagte Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer der Kapitalgesellschaften und die Kapitalertragssteuer, zu unterscheiden. Einen ersten sehr groben Überblick gibt uns die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. In Österreich machten 2002 die Lohnsteuereinnahmen des Staates von den gesamten Arbeitnehmerentgelten immerhin 14% aus, die Gewinnsteuern aber nur 11% von den Betriebsüberschüssen (also Gewinnen) und Selbständigeneinkommen. Eine stärkere Steuerbelastung der (in der Regel im Einzelfall doch geringeren) Löhne, Gehälter und Pensionen als der (in der Regel wesentlich höheren) Gewinne und Unternehmereinkommen ist in einem angeblich progressiven (das heißt: die besser Verdienenden werden stärker belastet) Steuersystem geradezu grotesk.

Am interessantesten ist für Österreich aber ohne Zweifel der Vergleich der Einnahmen aus Gewinnsteuern einerseits und Lohnsteuer andererseits über eine lange Zeitperiode hinweg. Hier hat es wahrlich dramatische Veränderungen gegeben. Wir haben uns die Daten im Abstand von jeweils zehn Jahren angesehen und gehen dafür bis ins Jahr 1975 zurück. Als Gewinnsteuern haben wir definiert: die veranlagte Einkommensteuer für Unternehmer und Personengesellschaften (also Offene Handelsgesellschaft – OHG und Kommanditgesellschaft KG), die Körperschaftsteuer (das ist die gleiche Steuer für Kapitalgesellschaften wie Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GesmbH und Aktiengesellschaften – AG) und die Kapitalertragssteuer (also die Steuer, die auf Dividenden und Zinserträge eingehoben wird). Die Lohnsteuer ist die uns allen bekannte Steuer, die von Löhnen, Gehältern und Pensionen noch vor der Auszahlung eingehoben wird.

Und nun zu den Zahlen. So entwickelten sich die Staatseinnahmen aus den Gewinnsteuern einerseits und der Lohnsteuer andererseits (siehe Tabelle1: »Gewinnsteuern – Lohnsteuern«).

1 Gewinnsteuern Lohnsteuer
Jahr Mio. EUR % der Staats-
einnahmen
Mio. EUR % der Staats-
einnahmen
1975 2.093 17,4 2.166 18,0
1985 2.616 10,1 6.337 24,5
1995 5.736 15,2 10.917 28,8
2000 8.156 16,2 14.468 28,7
2005 (Budget) 7.550 13,4 17.000 30,2
Quelle: BMfF

Der Anteil der Lohnsteuer an den gesamten Steuereinnahmen steigt in 30 Jahren kontinuierlich von 18% auf über 30% an, während der Anteil der Gewinnsteuern zwar schwankt, aber insgesamt von 17,4% auf 13,4% gesunken ist. Dabei sind diese Zahlen noch zu Gunsten der Gewinnsteuern »geschönt«. Denn ab 1995 sind in ihnen sowohl die neu eingeführte Kapitalertragssteuer auf Zinsen und die Körperschaftsteuer auf den Gewinn der Oesterreichischen Nationalbank enthalten.

Lohnquote

Dieses Ergebnis kommt zustande, obwohl die Lohnquote spürbar gesunken ist – in den letzten zehn Jahren von über 70% auf 61%. Da hätte der Anteil der Lohnsteuer am direkten Steueraufkommen zurückgehen müssen, der Anteil der Gewinnsteuern hätte steigen müssen. Warum geschah das nicht? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen.

Als erstes wäre die Senkung der Steuersätze gerade für die Kapitalgesellschaften zu nennen. 1975 war der Höchstsatz in der Körperschaftsteuer noch der gleiche wie in der Lohnsteuer; inzwischen ist er nicht einmal mehr halb so hoch.

Aber die Steuerleistung hängt nicht nur vom Steuersatz, sondern auch und vor allem von der Steuerbasis, der Bemessungsgrundlage, ab. Anders ausgedrückt: Es kommt nicht nur darauf an, wie viel Steuer (welcher Prozentsatz, welcher Steuertarif) vom steuerpflichtigen Gewinn zu bezahlen ist, sondern wie dieser »steuerpflichtige Gewinn« berechnet wird. Österreichs Unternehmer haben – vielleicht sogar noch erfolgreicher als ihre ausländischen Kollegen – zahlreiche Begründungen dafür gefunden, worum Teile ihrer Gewinne vor Anwendung des Steuertarifs noch von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sind.

Cayman Islands

Also: Erst wird versucht, einen eher niedrigen Gewinn auszuweisen. Dann werden alle Möglichkeiten ausgenützt, um von diesem niedrigen Gewinn noch erlaubte Abzüge zu machen. Was dann noch übrig bleibt, ist die Bemessungsgrundlage und erst von dieser wird die Steuer nach dem Steuertarif (das ist dann der Prozentsatz, also in Österreich bei der Körperschaftsteuer in Zukunft 25%) berechnet. Wen wundert es da, dass zahlreiche tatsächlich gut verdienende Unternehmen (wie in diesem Beitrag noch dargelegt werden wird) keine oder nur sehr wenig Körperschaftsteuer bezahlen.

Mit dem Ausland hängen aber auch noch weitere Gründe für die schwache Entwicklung der Steuerbemessungsgrundlage und damit der Gewinnsteuern zusammen. So hat Österreich mit vielen Ländern »Doppelbesteuerungsabkommen« abgeschlossen, die zu einer völlig ungerechtfertigten Steuervermeidung ausgenützt werden.

In dieses Auslandskapitel gehören aber auch die so genannten Steueroasen. Verschiedene karibische Staaten, aber auch einige zu Großbritannien gehörende Inseln nahe England leben weitgehend davon, als Tarnadressen für Firmen zu dienen, die zu Hause keine oder zumindest weniger Steuer zahlen wollen. Wer sich die Mühe macht, Details nachzugehen, wird sicher überrascht sein, wie viele österreichische Unternehmen Konzernfirmen in so wirtschaftlich für sie »bedeutenden« Standorten wie den Cayman Islands oder Guernsey haben.

Privatstiftungen

Rein inländisch ist der Luxus, den wir uns mit (Familien-)Privatstiftungen leisten. In früheren Zeiten (und in anderen Ländern auch heute) dienten Stiftungen vor allem dazu, wohltätige (z. B. kulturelle, künstlerische oder soziale) Zwecke zu fördern. Das war eine edle Sache, die wohlhabende Menschen taten, um einen Teil ihres Wohlstandes der Allgemeinheit zugute kommen zu lassen. Solche Stiftungen gibt es vereinzelt auch in Österreich noch immer – aber fast alle heutigen österreichischen Stiftungen dienen einem ganz anderen Zweck, nämlich der Vermeidung von Steuern. Wer sein Geld (oder das seiner ganzen Familie) in eine Stiftung einbringt, muss viel, viel weniger Steuern zahlen. Kämen diese Stiftungen wohltätigen Zwecken zugute, könnte man das vielleicht noch rechtfertigen. Aber die typische österreichische Stiftung hat einen ganz anderen Stiftungszweck: Begünstigte sind der Stifter und seine Familie. Die Stifter beziehen ihr Geld nicht mehr von ihrem Besitz; dieser gehört der Stiftung. Die Stiftung aber verwendet ihre Mittel für den »edlen Zweck«, ihren Stifter und seine Familie zu fördern – auf ewig. Nicht einmal ein kleiner Teil wird gemeinnützigen Aufgaben gewidmet.

Gerade weil die Unternehmer in Österreich so gern und so laut über ihre hohe Steuerbelastung jammern, mag es besonders interessant sein, sich anzuschauen, wie viel Steuern vom Ertrag und vom Vermögen große Unternehmen in Österreich tatsächlich bezahlen. Und zwar nicht irgendwelche statistische Durchschnittsberechnungen, sondern die konkreten Zahlen einzelner Unternehmen. Wir -haben uns diese Mühe gemacht. Wir -haben die Bilanzen einzelner Großfirmen – besonders solcher, deren Aktien an der Börse notieren – hergenommen und uns daraus einige Angaben genauer besehen.
Tatsächlich gezahlt

Vorerst haben wir das Eigenkapital betrachtet, damit man eine ungefähre Vorstellung von der Größe des Unternehmens hat. Dann haben wir uns den ausgewiesenen Gewinn (präzise den Ertrag der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit – EGT) hergenommen. Dabei ist jedem klar, dass dieser in der veröffentlichten Bilanz ausgewiesene Gewinn eine Untergrenze darstellt. Es ist nur jener Teil des tatsächlichen Gewinns, den man mit allen Bilanztricks nicht mehr wegbekommt; denn die Unternehmen wollen natürlich möglichst wenig Gewinn ausweisen, weil sie von diesem Gewinn einen (wenn auch, wie wir sehen werden, oft sehr kleinen) Anteil als Steuer an den Staat abführen müssen.

Dann haben wir uns die in der Bilanz festgehaltene Steuerleistung der Unternehmen angesehen und das Verhältnis dieser Steuerleistung zu den ausgewiesenen Gewinnen berechnet. Was herauskommt, ist der Anteil dieser Steuern an dem möglichst gering angegebenen Gewinn: Der Prozentsatz der Gewinnbesteuerung. Natürlich kann es hier kleinere Verzerrungen geben. Wenn der Gewinn stark schwankt (was er aber bei diesen Unternehmen eher nicht tut) kann es Ausschläge geben, weil die Unternehmen ihre Steuern (im Gegensatz zu Arbeitnehmern) erst später, oft sogar erst einige Jahre später bezahlen. Deshalb haben wir nicht nur die Bilanz eines Jahres genommen, sondern die Bilanz der letzten vier vorliegenden Jahre (also die Jahresbilanzen 2000-2003) addiert. Das Eigenkapital ist jenes des Jahres 2003, aber Gewinn und Ertragssteuern sind jeweils für vier Jahre.

Mehr Lohnsteuer als Gewinnsteuer

Wir haben aber auch versucht, noch etwas zu ermitteln: Wie viel Lohnsteuer zahlen die Arbeitnehmer dieser Unternehmen im Vergleich zu den Gewinnsteuern des Unternehmens selbst? Das geht aus der Bilanz nicht hervor. Der vom Unternehmen als Lohnsteuer für seine Arbeitnehmer ans Finanzamt abgeführte Betrag wird nicht ausgewiesen. Aber es gibt die Personalkosten in der Bilanz. Wenn man extrem vorsichtig annimmt, dass die Lohnsteuerleistung der Arbeitnehmer bei 12% der Personalkosten liegt, wird man sicher nicht zu hoch schätzen. Diese Kennziffer haben wir dann, wieder für die vier Jahre 2000 bis 2003, mit den Ertragssteuern verglichen.

In der Tabelle 2 die Ergebnisse für einige bedeutende Unternehmen (siehe Tabelle 2: »Eigenkapital – Gewinn/Ertragssteuern …«).

2 Eigenkapital – Gewinn/Ertragsteuern und
geschätzte Lohnsteuer von Großunternehmen (in tausend EUR)
Unternehmen Eigenkapital 2003 Gewinn 2000-2003 Ertragsteuer 2000-2003 Personalaufwand 2000-2003
      absolut % des Gewinns absolut geschätz. LohnSt.
BA-CA 5.815.000 2.469.000 411.000 17,6% 5.541.000 665.000
Uniqua 137.000 -15.000 0,0% 2.005.000 240.000
Berndorf 44.335 16.445 575 3,5% 6.991 839
Porr 228.800 47.187 2.573 5,5% 1.716.00 205.900
Schoeller Bleckmann 43.300 22.920 1.808 7,9% 199.600 23.950
BWT 76.560 31.680 -102 0,0% 278.100 33.370
Rosenbauer 57.170 14.060 781 5,6% 130.160 15.620
Andrits 198.100 84.640 10.960 12,9% 329.200 39.500
EVN 1.178.000 440.000 54.314 12,3% 661.600 79.390
Baumax 89.373 21.920 136 0,6% 190.600 22.870
Quelle: Bilanzdatenbank der Arbeiterkammer

Man sieht also: Die von uns untersuchten Unternehmen bezahlen keine oder nur sehr wenig Gewinnsteuern. In allen Fällen zahlen die Arbeitnehmer der Unternehmen mit Sicherheit mehr Lohnsteuer als ihr Arbeitgeber Gewinnsteuern bezahlt.

Sind das Extremfälle? Sicher nicht! In der Bilanzdatenbank der Arbeiterkammer kann man lange Listen von größeren Unternehmen einsehen, die keine Körperschaftsteuer bezahlen, die weniger als 5% ihres Gewinnes zahlen oder die zwischen 5% und 10% zahlen. Nach der kommenden Steuerreform – also ab den Bilanzen für 2005 – werden diese Listen mit Sicherheit noch viel länger werden. Boshafte Kritiker meinen sogar, die verbleibenden Körperschaftsteuerzahlungen von Großunternehmen in Österreich werde man dann wohl als freiwilligen Beitrag zum österreichischen Staatshaushalt anerkennen müssen.

Wie hat die jetzige Bundesregierung auf die langfristige Entwicklung der Steuern und die geringe Steuerleistung der Großunternehmen bei ihrer »größten Steuerreform aller Zeiten« reagiert? Sie hat zwar die Lohnsteuer ein wenig gesenkt.

Aber vor allem hat sie den Steuersatz bei der Körperschaftsteuer, also der -Gewinnsteuer für die Kapitalgesellschaften (das sind Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung) radikal abgesenkt und zwar von 34% auf 25%.

Nun brüstet sie sich im Ausland,
dass Österreich damit eine der niedrigsten Besteuerungen für Kapitalgesellschaften auf der ganzen Welt hat.

R E S Ü M E E

Welchen Schluss kann, soll, ja muss man aus all dem Gesagten ziehen? Das Gejammer über die hohe Besteuerung der österreichischen Unternehmen ist, jedenfalls so weit es die größeren Unternehmen betrifft, schlicht und ergreifend falsch. Sie werden weder im internationalen Vergleich noch – was vielleicht sogar aussagekräftiger ist – im längerfristigen Vergleich in Österreich selbst besonders stark besteuert. Statt die Steuern der Kapitalgesellschaften zu senken, hätte die Regierung besser daran getan, die Lohnsteuer zu senken. Man hätte versuchen können, wenigstens einen kleinen Teil der langfristigen Verschiebung von den Gewinnsteuern zu der Lohnsteuer wieder auszugleichen. Die Regierung hätte sich überlegen müssen, ob es nicht wenigsten zu einer bescheidenen Verschiebung von den indirekten zu den direkten Steuern kommen könnte. Sie hätte sich zu fragen gehabt, ob die wohlhabenden Österreicher wirklich zu arm sind, um von ihren vorhandenen Vermögen wenigstens ähnlich hohe Steuern zu zahlen wie in anderen vergleichbaren Industriestaaten.

Wie anfangs gesagt: Niemand zahlt gerne Steuern und jeder glaubt, er sollte weniger, der andere mehr zahlen. Gerechtigkeit ist ein schwer zu definierender Begriff. Aber wenn man international vergleicht und die Entwicklung in Österreich über die Jahrzehnte betrachtet, kann wohl niemand behaupten, dass die nun in Kraft getretene Steuerreform tatsächlich mehr Steuergerechtigkeit bringt. Sie verstärkt ganz im Gegenteil die steuerliche Privilegierung der Konzerne, der Bezieher höchster Einkommen und der Eigentümer der großen Vermögen.

Von Autor: Thomas Lachs (Pensionist in Wien, war Direktor der -Oesterreichischen Nationalbank)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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