Budgetentwürfe 2003 und 2004

Warum also – fragt man sich – wurde dann am Tag vor der Budgetrede gestreikt, wenn ohnehin alles zum Besten steht?Die Antwort ist einfach: Die Ausgangslage ist eben nicht hervorragend, die Zukunftsorientierung der Budgets ist nicht erkennbar und von Entlastungen ist keine Spur. Im Gegenteil, massive Belastungen durch Abgabenerhöhungen und Pensionskürzungen waren Auslöser für heftige Debatten, Streiks und runde Tische.

1. Wirtschaftliche Ausgangslage und Basisdaten

Die Budgetentwürfe werden in einer Zeit unsicherer Wachstumserwartungen erstellt, und die wirtschaftliche Ausgangslage ist keineswegs hervorragend. Österreich hat sich in den letzten Jahren im Konjunkturabschwung nicht so gut gehalten wie behauptet wird. Die Wirtschaftspolitik hat vielmehr die Krise in unserem Land verschärft. Das zeigt sich vor allem bei der Arbeitsmarktentwicklung. Die Zahl der aktiv Beschäftigten (ohne BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld) ist bis März 2003 ständig gesunken und war 2002 durchschnittlich um 14.500 niedriger als 2001.

»Die Wirtschaftspolitik hat die Krise in unserem Land verschärft.«

Die beiden Budgetentwürfe legen die wirtschaftlichen Eckdaten der WIFO-Prognose zugrunde. Die März-Prognose geht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum heuer und 2004 gering bleiben wird. Ein Konjunkturaufschwung ist nur zu erwarten, wenn die weltweiten Unsicherheiten wegfallen, die Rohstoffpreise merklich fallen und sich die Exportchancen Europas durch den sinkenden Dollar nicht weiter verschlechtern (siehe Tabelle 1: »Die wichtigsten Kennzahlen der Budgetentwicklung«).

Tabelle 1:
Die wichtigsten Kennzahlen der Budgetentwicklung
Allgemeiner Haushalt auf administrativer Basis
Erfolg 2001 2002 Erfolg BVA-E 2003 BVA-E 2004
in Millionen Euro
Ausgaben 60.409 61.803 61.459 62.570
Einnahmen 58.994 59.413 57.518 59.140
Defizit (administrativ) 1.415 2.390 3.941 3.430
Defizit in % des BIP 0,7 1,1 1,8 1,5
Zinsenaufwand netto 6.560 6.577 6.317 6.565
Zinsenaufwand in % der Steuereinnahmen (netto) 17,3 17,9 17,8 17,0
Bruttoinlandsprodukt 211.860 216.830 222.070 229.770
in % des BIP
Defizit des Staates nach Maastricht 0,3 -0,6 -1,3 -0,7
Bundessektor -0,5 -1,0 -1,8 -1,4
Länder, Gemeinden, SV-Träger 0,8 0,4 0,5 0,7
Maastricht-Verschuldung
(in Milliarden EUR)
142.660 146.550 149.100 152.700
in % des BIP 67,3 67,6 67,1 66,5
Abgabenquote in % des BIP 45,6 44,6 44,3 44,0
Quelle: Bundesministerium für Finanzen, eigene Berechnungen
BVA-E=Entwurf des Bundesvoranschlags
Annahmen für die Budgeterstellung laut WIFO
Prognose vom März 2003 2003 2004
Wirtschaftswachstum nominell 2,4% 3,5%
Wirtschaftswachstum real 1,1% 1,7%
unselbständig Beschäftigte -0,1% 0,3%
Verbraucherpreise 1,9% 1,4%
Arbeitslosenquote nach Abgrenzung EU 4,2% 4,2%
Bruttoverdienste je Arbeitnehmer 2,0% 2,4%

Der Entwurf des Bundeshaushalts 2003 sieht Ausgaben in der Höhe von 61,5 Milliarden Euro und Einnahmen von 57,6 Milliarden Euro vor. Damit ergibt sich ein Nettoabgang auf administrativer Basis in der Höhe von 3,9 Milliarden Euro oder 1,8% des BIP. Gegenüber dem Erfolg 2002 erhöht sich das administrative Defizit um 1,55 Milliarden Euro. Die Ausgaben sinken zwar geringfügig (-0,3%), da aber die Einnahmen stärker zurückgehen (-3,2%), steigt das Defizit an. Das Maastricht-Defizit des Bundes wird ebenfalls bei 3,9 Milliarden Euro (1,8% des BIP) liegen. Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit wird mit 1,3% des BIP angenommen. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Länder und Gemeinden einen Überschuss von 0,5% des BIP erbringen.

Der Entwurf des Bundesvoranschlags 2004 sieht auf administrativer Basis ein Defizit von 3,4 Milliarden Euro oder 1,5% des BIP vor. Auf Maastricht-Basis liegt das Defizit mit 1,4% des BIP geringfügig darunter. Bei angenommenen Überschüssen der Länder und Gemeinden in Höhe von 0,7% des BIP wird das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit deutlich unter jenem von 2003 liegen. Ob die Länder die geforderten Überschüsse erreichen können, kann erst beurteilt werden, wenn sie ihre Voranschläge für 2004 vorlegen.

Die öffentliche Verschuldung sinkt von 2002 bis 2004 um etwa einen BIP-Prozentpunkt.

Bundesregierung verlässt 2003 und 2004 »Nulldefizit-Kurs«
Durch diesen Anstieg der Budgetdefizite verlässt die Regierung den strikten Kurs des »Nulldefizits um jeden Preis« und strebt einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt an. Die Europäische Kommission – die stets »Scharfmacherin« in Sachen Budgetpolitik ist – hat diesen neuen Budgetpfad in ihrer jüngsten Stellungnahme kritisiert.

2.Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003 prägen das Budget 2004

Nach ihrem Regierungsprogramm beabsichtigt die Regierung bis Ende 2006 Sparmaßnahmen in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro umzusetzen. Erste substanzielle Schritte werden mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 gesetzt. Der Budgetentwurf 2003 löst das Budgetprovisorium ab und wird im Gegensatz zum Budget 2004 durch die Maßnahmen kaum beeinflusst (Ausnahme Personaleinsparungen). Kernstücke sind die erste Etappe der Steuerreform, Abgabenerhöhungen in der Krankenversicherung, die Einführung eines Kostenbeitrags für ärztliche Leistungen (über deren Höhe die Krankenkassen erst entscheiden sollen) und die so genannte »Pensionssicherungsreform«1). Dazu kommen als Begleitmaßnahme zur Pensionsreform die Entlastung der Lohnnebenkosten für ältere ArbeitnehmerInnen.

Die Herangehensweise an die Pensionsreform kann als radikal bezeichnet werden, sie setzt sich mit bisher nicht gekannter Brutalität über Verteilungsgrundsätze, die Generationengerechtigkeit und den Vertrauensschutz hinweg. Dementsprechend scharf war die Kritik der Öffentlichkeit sowie der Arbeiterkammer und Gewerkschaft. Das forsche Herangehen an die Pensionsreform kann auch damit erklärt werden, dass die Regierung das Sparpotential benötigt, um ihr Hauptziel, die Senkung der Abgabenquote auf 43% bis zu Jahr 2006 zu erreichen.

In den Hintergrund getreten sind die volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung in den nächsten Jahren. Es ist davon auszugehen, dass die ArbeitnehmerInnen zum Ausgleich des späteren Einkommensabfalls bei Pensionsantritt ihr Vorsorgesparen erhöhen werden und so die laufenden Konsumausgaben einschränken – wenig wünschenswert beim derzeitigen labilen Zustand der Konjunktur. Es ist plausibel, dass die Auswirkung der Reaktionen auf den gesamten privaten Konsum bei 0,5% liegen können. Das ist bei den gegenwärtig niedrigen Wachstumsraten gar nicht wenig. Die Ankündigung der »größten Steuerreform aller Zeiten« ist auf großes öffentliches Interesse gestoßen, weil zu erwarten war, dass es auch für die ArbeitnehmerInnen eine substanzielle steuerliche Entlastung geben werde.

Die erste Etappe dieser Steuerreform mit Wirksamkeit 2004 beginnt bereits mit einer beachtlichen Belastung der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen. Der Entlastung der Bruttojahreseinkommen bis 14.500 Euro stehen erhebliche Abgabenlastungen (Energiesteuern, Krankenversicherungsbeiträge) gegenüber. Die Entlastung der Lohnsteuer im Ausmaß von 380 Millionen Euro wirkt vor allem in einem Einkommensband von 1000 bis 1400 Euro Bruttomonatsbezug. Bei Monatsverdiensten über 1400 Euro beginnt die Steuersenkung unter die Merklichkeitsschwelle zu fallen und wird jedenfalls von den sonstigen Abgabenbelastungen überkompensiert. Tatsache ist auch, dass Arbeitnehmer, die weniger als 900 Euro brutto monatlich verdienen, keine Entlastungswirkung haben werden, weil eine Erhöhung der Negativsteuer nicht vorgesehen ist.

Die 1. Etappe der ankündigten größten Steuerreform aller Zeiten beginnt 2004 mit einer beachtlichen Belastung der Arbeitnehmer und Pensionisten.«

Die für Unternehmer und Selbständige vorgesehenen Maßnahmen, die Einführung des halben Steuersatzes von nicht entnommenen Gewinnen für Personengesellschaften und Einzelunternehmer, führen zu einer Entlastung von 400 Millionen Euro jährlich. Nach Berechnungen der Arbeiterkammer wird der Steuerausfall aus dieser Maßnahme auf bis zu 600 Millionen Euro geschätzt. Zur Gegenfinanzierung dieser Steuersenkungen werden die Energieabgaben um 400 Millionen Euro erhöht. Die flächendeckende Erhöhung der Energieabgaben (Mineralölsteuererhöhungen auf Benzin, Diesel und Heizöl bzw. Energieabgaben auf Erdgas und Kohle) hat nur wenig mit einer Ökologisierung des Steuersystems zu tun, sondern ist eine sozial undifferenzierte Abschöpfungsmaßnahme der Lohnsteuersenkung. Die ökologisch wünschenswerte Einführung von schwefelarmem Benzin und Dieselkraftstoff ist auch ohne diese Abschöpfungsmaßnahmen durchführbar. Dabei werden die Haushalte rund die Hälfte dieser Energiesteuerbelastung zu tragen haben (siehe Tabelle 2: »Be-/Entlastungen durch die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003«).

Tabelle 2:
Be- und Entlastungen durch die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003
in Millionen Euro*)
Arbeitnehmer/Pensionisten Unternehmen und Selbständige
2004 2005 2006 2004 2005 2006
Steuerliche Maßnahmen
Lohnsteuer/Einkommensteuer
Steuerfreigrenze 14.500 Euro -290 -350 -350 0 -30 -30
Nicht entnommener Gewinn 0 -200 -400
Absetzbarkeit Studienbeiträge 0 -2 -2 0 -1 -1
Förderung Internetbreitbandtechnologie -3 -6 0 -1 -2 0
Gleichbehandlung ausländ. Kapitaleinkünfte -5 -10 -10
Erhöhung Mineralölsteuer (Benzin, Diesel, Heizöl) und der Energieabgabe (Erdgas, Kohle) inkl. Umsatzsteuer 208 223 223 168 179 179
Entfall Straßenbenützungsabgabe
(wird kompensiert durch Road Pricing)**)
-75 -90 -90
Gesamt -85 -136 -129 162 -64 -262
Abgaben in der Krankenversicherung
einheitl. Beitragssatz Arbeiter/Angestellte (7,3%) 45 45 45 49 49 49
Erhöhung KV-Beiträge Pensionisten
um je 0,5% 2004 und 2005
107 214 214 12 20 20
Ergänzungsbeitrag für Freizeitunfälle 97 97 97 8 8 8
Gesamt 249 356 356 69 77 77
Senkung von Dienstgeber-/Dienstnehmerbeiträgen
Entfall Unfallversicherungsbeitrag für ArbeitnehmerInnen über 60 J. -9 -9 -9
Entfall Dienstgeberbeitrag zum FLAF über 60 J. -39 -39 -39
Entfall Dienstgeberbeitrag zum IESG über 60 J. -5 -5 -5
Entfall der Beiträge ALV für ältere Arbeitnehmer 56/58 -50 -50 -50 -50 -50 -50
Gesamt -50 -50 -50 -103 -103 -103
Summe Abgabenbelastung und -entlastung 114 170 176 127 -89 -288
Sonstige Maßnahmen Krankenversicherung
Entfall Ambulanzgebühr -2 -2 -2
Entfall Krankenscheingebühr -44 -44 -44 -2 -2 -2
Kostenbeitrag für ärtzliche Hilfe***)
Gesamt -46 -46 -46 -2 -2 -2
Pensionsversicherung 63 239 459 6 21 48
Beamtenpensionen (inkl. ÖBB und Bundestheater) 72 96 118
Gesamtentlastung und -belastung 203 459 707 131 -70 -242
*) – Entlastung, + Belastung; Rundungsdifferenzen
**) wird kompensiert durch das LKW Road Pricing und ist daher in der Summenbildung nicht enthalten
***) Höhe der Belastungen noch offen
Quelle: Budgetbegleitgesetz 2003 (Regierungsvorlage), eigene Berechnungen

Umverteilungseffekte zu Lasten der Arbeitnehmer

In Tabelle 2 sind alle Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes zusammengefasst und auf Unselbständige bzw. Unternehmen aufgeteilt. Folgende Aussagen lassen sich machen:

  • Während die ArbeitnehmerInnen durch die Maßnahmen bei den Steuern und Beiträgen nur belastet werden, dreht sich die anfängliche Belastung der Unternehmen im Jahr 2004 in eine deutliche Entlastung im Jahr 2006.
  • Nimmt man die Auswirkungen der Pensionsreform dazu, dann steigen in Summe gesehen die Belastungen der ArbeitnehmerInnen deutlich an. Die Unternehmen bleiben anfänglich belastet, werden jedoch 2006 deutlich entlastet. Die Belastung der ArbeitnehmerInnen wird durch die Selbstbehalte noch höher ausfallen. Das bedeutet, dass beachtliche Umverteilungseffekte zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen stattfinden.

»Die Pensionsreform setzt sich mit unglaublicher Brutalität über Verteilungsgrundsätze, Generationengerechtigkeit und Vertrauensschutz hinweg.«

Was die »größte Steuerreform« der zweiten Republik in der zweiten Etappe bringen wird, sind bisher lediglich Versprechen. Wie viel von den 2,5 Milliarden Euro als Entlastung für die ArbeitnehmerInnen und damit für die Stärkung der Kaufkraft vorgesehen ist, ist noch völlig unklar. Wird die klientelorientierte Politik fortgesetzt, dann werden die ArbeitnehmerInnen wohl zu den Verlierern der Steuerreform gehören.

3. Die Entwicklung der Ausgaben

Tabelle 3 zeigt die Entwicklung wichtiger Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung (siehe Tabelle 3: »Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung«).

Tabelle 3:
Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung
Allgemeiner Haushalt auf administrativer Basis, in Milliarden Euro
2002 vorl. Erfolg 2003 BVA-E 2004 BVA-E Zuwachs 2002/03 in % Zuwachs 2003/04 in %
Einnahmen 59.413 57.518 59.140 -3,2 2,8
öffentliche Abgaben brutto 54.951 53.758 57.618 -2,2 7,2
Lohnsteuer 16.219 16.800 17.300 3,6 3,0
veranlagte Einkommensteuer 3.126 2.950 3.000 -5,6 1,7
Körperschaftsteuer 4.559 4.100 4.300 -10,1 4,9
Umsatzsteuer 17.639 16.300 19.000 -7,6 16,6
abzgl Überweisungen an Länder, Gemeinden, Fonds u. a. 16.176 16.210 16.598 0,2 2,4
abzgl Überweisungen EU 2.108 2.100 2.400 -0,4 14,3
öffentliche Abgaben netto 36.666 35.448 38.620 -3,3 8,9
steuerähnliche Einnahmen *) 7.345 7.732 7.952 5,3 2,8
sonstige Einnahmen (bis 1999 inkl. Bundesbetriebe) 13.908 12.819 10.880 -7,8 -15,1
Ausgaben 61.803 61.459 62.570 -0,6 1,8
Aktivitätsaufwand inkl. Landeslehrer 10.614 10.742 10.430 1,2 -2,9
Pensionen inkl Landeslehrer 3.406 3.527 3.608 3,6 2,3
laufender Sachaufwand 4.729 5.231 4.851 10,6 -7,3
Bruttoinvestitionen 377 271 163 -28,1 -39,9
Transferausgaben 30.181 31.756 34.018 5,2 7,1
familienpolitische Maßnahmen 4.453 4.821 4.956 8,3 2,8
Arbeitsmarktpolitik 2.832 3.061 3.194 8,1 4,3
gesetzliche Sozialversicherung 8.481 8.779 8.497 3,5 -3,2
Zinsaufwand 8.486 8.716 8.329 2,7 -4,4
sonstige Ausgaben 4.010 1.216 1.171 -69,7 -3,7
administrativer Nettoabgang 2.390 3.941 3.430
in % des BIP 1,1% 1,8% 1,5%
*) vor allem Beiträge zum FLAF und Arbeitslosenversicherung
Quelle: BMF, Budgetbericht 2002/2003

Personalabbau geht weiter

Der Personalabbau beim Bund soll fortgesetzt werden. Ziel ist die Einsparung von 10.000 Dienstposten bis 2006 durch den »natürlichen Abgang«, das sind mehr als 5 Prozent der Bundesbediensteten. Allein im heurigen Jahr werden ca. 3700 Planstellen abgebaut, 2004 werden es 2220 sein. Zusätzliche Einsparungen sind bei Bahn und Post vorgesehen. Auch die Überstunden sollen reduziert werden. Im Bildungsbereich kommt es ab September 2003 zu einer Reduktion der Unterrichtsstunden. Damit verbunden ist ein Verlust an Lehrerarbeitsplätzen. Bei den Landeslehrern werden die Personalausgaben aug dem Niveau des Jahres 2002 eingefroren. Daraus resultiert ein Einsparungseffekt von rund 100 Millionen Euro. Aufgrund der extrem knappen Dotierung des Personalaufwands in den beiden Budgets kann von einer Unterbudgetierung ausgegangen werden. Aus beschäftigungspolitischer Sicht ist der Personalabbau abzulehnen, weil er die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft. Das umso mehr, als von den Ländern und Gemeinden ein Abbau von 20.000 Dienstposten – das sind rund 9 Prozent ihrer Bediensteten – erwartet wird. Wenn die Regierung diesen Abbau als Maßnahme zur Verwaltungsreform darstellt, verwechselt sie simple Budgeteinsparung mit echter Verwaltungsmodernisierung.

»Was die ›größte Steuerreform‹ der Zweiten Republik in der zweiten Etappe bringen wird, sind bisher lediglich Versprechen.«

Bildung, Forschung und Wissenschaft als Schwerpunkte?

Die Ausgaben für Pensionen der Beamten (inklusive Bahn und Post) und der Landeslehrer wurden mit Jahresbeginn um 0,5% erhöht, dazu kam ein Wertausgleich in Höhe von 1,5% für die Empfänger niedriger Pensionen. Bei den Pensionsausgaben 2004 wirkt sich bereits die geplante Pensionsreform aus, so dass sie 2004 mit 2,3% deutlich schwächer wachsen als 2003 (3,6%).
Die Ansage gut dotierter Bildungsbudgets kann in den Voranschlagsentwürfen nicht nachvollzogen werden. Im Bereich der Schulen werden zwar die Gesamtausgaben leicht erhöht, sie reichen aber nicht einmal zur Inflationsabgeltung aus. Real stehen also für die Schulen weniger Mittel zur Verfügung. Die budgetären Mittel für die Universitäten werden heuer um mehr als 100 Millionen Euro unter dem Vorjahr liegen. Mit der Ausgliederung der Universitäten im Jahr 2004 werden die Mittel nach Angaben des Finanzministeriums um knapp 130 Millionen Euro höher sein. Diese Erhöhung ist niedriger als die Einnahmen aus den Studiengebühren (2003: 151 Millionen Euro), die ab 2004 den Universitäten zur Verfügung stehen werden. Damit entspricht die Finanzmittelausstattung der Universitäten nicht der von Spitzenuniversitäten. Die Finanzmittel des Bundes für die Fachhochschulen reichen nicht aus, um den Bedarf an Studienplätzen finanzieren zu können. Die Ausgaben für die Erwachsenenbildung wurden von einem beschämend niedrigen Niveau in den Voranschlagsentwürfen um 25 Prozent gekürzt. Diese Kürzung kommt einem Rückzug der Regierung aus der Erwachsenenbildung gleich.

Im Rahmen des Offensivprogramms II sollen für Forschung und Entwicklung in den Jahren 2004 bis 2006 600 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Im ersten Programm 2001 bis 2003 waren es 509 Millionen. Budgetiert sind für das Jahr 2004 zunächst nur 180 Millionen Euro. Der Anstieg der Mittel für F&E wird bei weitem nicht ausreichen, um bis 2006 die Forschungsquote auf 2,5% des BIP zu erhöhen.

Vorrang für Infrastrukturinvestitionen nicht nachvollziehbar

Tabelle 3 zeigt, dass die Investitionen des Bundes von geringer Bedeutung sind. 2003 und 2004 werden sie weiter an Bedeutung verlieren, weil die Betreuung der Bundesstraßen B an die Länder übertragen wurde. Der Bedeutungsverlust hängt mit der Ausgliederung der Infrastruktur- und Hochbauinvestitionen zusammen (ASFINAG, SCHIG, BIG). Die Investitionstätigkeit ist seither schwer nachvollziehbar. Das gilt auch für die in der Budgetrede genannten Zahlen, wonach die Infrastrukturinvestitionen im Bereich Schiene und Straße angehoben werden. Es handelt sich dabei lediglich um Pläne, über deren Realisierung wenig bekannt ist. Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunkturlage wären verstärkte Investitionen im Infrastrukturbereich erforderlich, weil sie einerseits die Qualität des Wirtschaftsstandortes verbessern und andererseits positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte haben.

»Real stehen für die Schulen weniger Mittel zur Verfügung. Die budgetären Mittel für die Universitäten werden heuer um mehr als 100 Millionen Euro unter dem Vorjahr liegen.«

Eile für Pensionsreform nicht notwendig

Die Transferausgaben steigen in den Voranschlagsentwürfen deutlich an (2003: 5,2%, 2004: 7,1%), im Einzelnen ist die Entwicklung jedoch sehr unterschiedlich.

Die Transferausgaben für familienpolitische Leistungen werden 2003 stark ausgeweitet. Das Kinderbetreuungsgeld verursacht 2003 Mehrausgaben von 216 Millionen Euro und die Erhöhung der Familienbeihilfe per 1. 1. 2003 von 129 Millionen Euro. Die starke Ausweitung der Leistungen hält nicht mit der Einnahmenentwicklung Schritt, weshalb der Familienlastenausgleichsfonds bereits heuer wieder defizitär abschließen wird. Die Abgänge werden nach jüngsten Schätzungen bis 2006 auf 580 Millionen Euro ansteigen. Die Mittelausstattung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik hält mit den Problemen am Arbeitsmarkt bei weitem nicht Schritt. Damit wird die Politik des Mangels an personellen und finanziellen Ressourcen in der Arbeitsmarktpolitik fortgesetzt. Aus dem Arbeitsmarktbudget wird kein Beitrag zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung geleistet. Der Anstieg dieser Transfers ist vor allem eine Folge steigender Arbeitslosigkeit.

Die Transfers an die gesetzliche Sozialversicherung enthalten vor allem den Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung. Es zeigt sich, dass der Bundesbeitrag der unselbständig Erwerbstätigen weitaus am niedrigsten von allen Berufsgruppen ist. »Aus dem Ruder« laufen hingegen die Bundesbeiträge bei den Gewerbetreibenden und bei den Bauern. Das bedeutet aber, dass für eine Pensionsreform weder aus demographischen noch aus budgetpolitischen Gründen eine solche Eile und solche Einschnitte notwendig sind, wie sie von der Regierung mit dem »Pensionssicherungsgesetz« geplant werden.

»Entgegen den Behauptungen der Regierung ist die wirtschaftliche Ausgangslage keineswegs hervorragend.«

Der Zinsenaufwand netto wird 2003 trotz steigender Verschuldung sinken. Dazu tragen die derzeit sehr niedrigen Zinsen sowie die Umschuldung alter Schulden mit hohen Zinssätzen bei. 2004 wird wieder mit höheren Zinssätzen gerechnet, so dass der Nettozinsenaufwand wieder ansteigen dürfte. Die Schulden des Bundes werden in beiden Jahren weiter ansteigen, in Prozent des BIP sinken sie jedoch.

Zukunftsprogramme nicht erkennbar

Durchsucht man die einzelnen Budgetkapitel auf mögliche Schwerpunkte, so lässt sich zusammenfassend zweierlei erkennen: Erstens sind die Ausgabenzuwächse generell sehr bescheiden. Zweitens ist ein Zukunftsprogramm Bildung, F&E sowie Infrastruktur aus den Budgetzahlen nicht ablesbar.

Die eigentlichen Schwerpunkte liegen in der Ausweitung der Familienleistungen, in der überdurchschnittlichen Dotierung des Heeresbudgets im Jahr 2003 sowie im Beschluss des Ankaufs von Abfangjägern (Ankaufspreis 1337 Millionen Euro plus zusätzliche Systemkosten in der Höhe von bis zu 632 Millionen Euro). Der Ankauf wird die Budgets aber erst ab dem Jahr 2007 belasten. Dazu kommen noch erhebliche Aufwändungen für den Betrieb der Eurofighter. Durch diese Entscheidung werden zukünftige Budgets erheblich vorbelastet.

4. Die Entwicklung der Einnahmen

Bei den Einnahmen dominieren die öffentlichen Abgaben, auf sie entfallen etwa 58% der Gesamteinnahmen. Das Absinken der Steuereinnahmen 2003 lässt sich vor allem durch die Abschaffung der 13. Umsatzsteuervorauszahlung (1700 Millionen Euro), durch das Zurückbleiben einzelner Steuern (Körperschaftssteuer, veranlagte Einkommensteuer) und aus der Umstellung der Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer erklären.

Bedenkt man aber, dass der Entfall der 13. Umsatzsteuervorauszahlung nur zu einer Verschiebung des Aufkommens ins nächste Jahr führt, dann steigen auch 2003 die Steuereinnahmen. Deutlich stärker hingegen steigen sie trotz der ersten Etappe der Steuerreform im Jahr 2004. Den Entlastungen bei der Lohn- und Einkommensteuer stehen – wie bereits beschrieben – Belastungen durch die Anhebung der Energiesteuern gegenüber.

Die Entwicklung der Nettosteuereinnahmen – d. h. nach Abzug der Überweisungen an Länder, Gemeinden und Fonds sowie des EU-Beitrags – ist ähnlich wie jene der Bruttoeinnahmen. Länder und Gemeinden müssen die Steuerreform 2004 mitfinanzieren. Das trifft insbesondere die größeren Gemeinden und Städte hart, weil sich deren Finanzsituation in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert hat.

Dynamische Lohnsteuerentwicklung trotz Steuersenkung

Zu den Steuerschätzungen lässt sich festhalten, dass sie von wenigen Ausnahmen abgesehen gut abgesichert sind. Schwer zu beurteilen ist das Aufkommen an veranlagter Einkommensteuer. Die Begünstigung bei den nicht entnommenen Gewinnen wird sich erst im Budget 2005 niederschlagen. Das Umsatzsteueraufkommen scheint jedoch deutlich überschätzt zu sein. Offensichtlich erwartet sich das Finanzministerium aus den Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung, vor allem in der Bauwirtschaft, erhebliche Mittel.

»Die Masseneinkommen werden belastet, weil den Steuersenkungen Abgabenerhöhungen gegenüberstehen. Den Budgets fehlen Impulse, die angesichts der Lage am Arbeitsmarkt dringend notwendig wären.«

Zu niedrig hingegen dürften die Einnahmen bei der Mineralölsteuer angenommen sein. Das Lohnsteueraufkommen steigt von 16,2 Milliarden Euro auf 16,8 (2003) und auf 17,3 Milliarden Euro 2004. Das ist plausibel geschätzt. Der Anteil der Lohnsteuer am BIP sinkt trotz Lohnsteuersenkung vom sehr hohen Wert 2003 (7,57%) lediglich auf 7,53% (2004).

Zu den steuerähnlichen Einnahmen gehören vor allem die Dienstgeberbeiträge zum FLAF und zur Arbeitslosenversicherung. Auf sie entfallen ca. 13 Prozent der Gesamteinnahmen.

Die Entwicklung der Einnahmen im FLAF ist sehr vorsichtig geschätzt. Dies gilt selbst dann, wenn man den Wegfall der Dienstgeberbeiträge für ältere ArbeitnehmerInnen berücksichtigt. Deutlich überschätzt sind hingegen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Der daraus resultierende Abgang in der Arbeitslosenversicherung (2002: rund 220 Millionen Euro, 2004: rund 320 Millionen Euro) soll nach Aussagen des Finanzministeriums aus veranschlagten Mitteln der Pauschalvorsorge gedeckt werden.

Die sonstigen Einnahmen, auf die etwa 22 Prozent der Einnahmen entfallen, sind eine sehr heterogene Größe. Von Bedeutung sind die Einnahmen aus Veräußerungserlösen, die OeNB-Gewinnabfuhr, die Rückflüsse aus der EU, Einnahmen aus Haftungen im Rahmen der Exportförderung und Einnahmen aus Pensionsbeiträgen (ÖBB, Telekom etc.).

Einmalmaßnahmen spielen bedeutende Rolle

Von besonderem Interesse sind die Einnahmen mit Einmaleffekt, weil sie nur zu einer vorübergehenden Budgetentlastung beitragen. Sie spielen auch diesmal eine bedeutende Rolle. Sowohl im Budget 2003 als auch 2004 sind Zahlungen von der ÖIAG (jeweils 150 Millionen Euro) und von der BIG (2003: 177 Millionen Euro, 2004: 267 Millionen Euro) vorgesehen. Darüber hinaus sind Eingänge aus der Übertragung der Liegenschaften an die BIG budgetiert (4. Tranche: 342 Millionen Euro) sowie Einnahmen aus dem Verkauf weiterer Liegenschaften (67 bzw. 55 Millionen Euro).

»Die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003 belasten die Arbeitnehmer, während die Unternehmen bis 2006 entlastet werden. Es finden bedeutende Umverteilungseffekte zu Lasten der Arbeitnehmer statt.«

5.Fehlende Impulse für Wachstum und Beschäftigung

Gesamtwirtschaftlich gesehen dürften vom Budgetentwurf 2003 expansive Effekte ausgehen. Sie reichen jedoch nicht aus, um die schwache inländische Nachfrage so zu stimulieren, dass davon substanzielle Effekte auf Wachstum und Beschäftigung ausgehen. Die Pensionsreform dürfte ein Vorsorgesparen zum Ausgleich der Einkommensverluste bei Pensionsantritt auslösen, das sich dämpfend auf den privaten Konsum auswirken wird. Setzt dieses Vorsorgesparen bereits heuer ein, dann werden dadurch die expansiven Effekte des Budgets 2003 überkompensiert.
Vom Budgetentwurf 2004 gehen trotz einer Steuersenkung eindeutig restriktive Effekte aus, da die Belastungen die Entlastungen bei weitem kompensieren.

Dazu kommen extrem restriktive Budgetansätze auf der Ausgabenseite. Das gilt insbesondere für den Personalaufwand. Von der Steuersenkung werden kaum expansive Effekte ausgehen, weil ihr Abgabenerhöhungen gegenüberstehen, die die Masseneinkommen belasten. Zusätzlich ist ab 2004 in Rechnung zu stellen, dass die Bundesregierung Sparmaßnahmen in der Höhe von 1 Milliarde Euro bei den Ländern, Städten und Gemeinden erwartet.

Der stärkste Impuls zur Stimulierung der Wirtschaft ist nach dem Regierungsprogramm erst für das Jahr 2005 – ein Aufschwungsjahr – geplant. Zur Stärkung der Konsum- und Investitionsnachfrage wären jedoch so rasch wie möglich, spätestens jedoch 2004, derartige Impulse zu setzen.

6. Zusammenfassung

Mit den Budgetentwürfen 2003 und 2004 verlässt die Regierung den strikten Kurs des »Nulldefizits um jeden Preis«.

Die beiden Budgetentwürfe wurden in einer Phase unsicherer Wachstumserwartungen erstellt. Entgegen den Behauptungen der Regierung ist die wirtschaftliche Ausgangslage keineswegs hervorragend. Vom Budget 2003 werden zwar konjunkturbelebende Effekte ausgehen, sie greifen aber zu kurz. Das Budget 2004 ist eindeutig auf Sparen ausgerichtet, so dass es trotz der ersten Etappe der Steuerreform keine nachfragebelebenden Effekte auslösen wird. Die Masseneinkommen werden belastet, weil den Steuersenkungen Abgabenerhöhungen gegenüberstehen. Den Budgets fehlen daher Impulse für das Wirtschaftswachstum, die angesichts der Lage am Arbeitsmarkt dringend notwendig wären.

Die für 2005 geplante große Steuersenkung kommt aus konjunktureller Sicht zu spät und fällt überdies in ein Aufschwungsjahr.

Die Schwerpunkte der beiden Budgets liegen vor allem bei den Ausgaben für Familien und die Landesverteidigung. Die von der Regierung behaupteten zukunftsorientierten Schwerpunkte Bildung, Forschung und Entwicklung und Arbeitsmarkt spiegeln sich in den Budgets nicht wider.

Die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003 belasten die ArbeitnehmerInnen, während die Unternehmen bis 2006 entlastet werden. Es finden also bedeutende Umverteilungseffekte zu Lasten der ArbeitnehmerInnen statt.

Setzt sich der Trend einer Belastungspolitik zu Lasten der ArbeitnehmerInnen fort, dann ist bei fehlenden Reformkonzepten für die zentralen Fragen Arbeit, Wachstum und Sicherung der Sozialsysteme zu befürchten, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen weiter auseinanderdriften werden. Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt.

1) Durch den massiven Druck auf dieses Reformvorhaben ist die Regierung von den ursprünglichen Plänen bereits deutlich abgewichen. Bei Abschluss dieses Beitrags war die Debatte noch im Gang.

F A Z I T

Statt Entlastung mehr Belastung

Arbeitnehmer werden belastet, Unternehmer entlastet: eine bedeutende Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen verschlechtern sich weiter.

Von Bruno Rossmann (Mitarbeiter in der Abteilung Wirtschaftswissenschaften der AK Wien)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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