Das Trinkgeld wird nur selten vertrunken: Trinkgeld? Wann und wie hoch?

In den meisten Ländern und Kulturen gilt eines: Es gibt praktisch nur drei Branchen und Berufsfelder, wo Trinkgeld praktisch immer üblich ist – in der Gastronomie und im Hotel, im Taxi und beim Friseur. In Nordamerika ist das ein bisschen anders, da sind weit mehr Berufsgruppen auf Trinkgeld eingestellt und angewiesen – aber die eigenwilligen und sozial im Vergleich zu Europa recht schlecht dastehenden Amerikaner lassen wir hier einmal beiseite.

Wo?

Grundsätzlich gilt: Trinkgeld ist – von den drei erwähnten Branchen, wo das ziemlich weitgehend üblich wurde und von allen auch erwartet wird – grundsätzlich etwas Unschönes und Unordentliches, mit zweifelhaftem Beigeschmack. Zusätzlich zum ausgemachten Preis gibt man jemandem gönnerhaft noch Geld dazu. Das wirkt wie: »Der Herr belohnt den Knecht.« Darum muss man etwa in den skandinavischen Ländern mit Trinkgeld vorsichtig sein. Die Leute dort finden es oft als persönliche Demütigung.

Wie viel?

Trinkgeld ist eine Anerkennung für besonders gute Servicequalität. War die Servicequalität nicht gut, gibt es auch kein Trinkgeld, war sie sehr gut, dann ist in der Gastronomie und im Hotel, im Taxi und beim Friseur auch ein gutes Trinkgeld geboten.

International (lassen wir Nordamerika beiseite) gilt folgende Regel: schlechter Service: null Trinkgeld, guter bis sehr guter Service: fünf bis zehn Prozent vom Rechnungsbetrag (in der Gastronomie) und eher etwas weniger, aufgerundet, im Taxi, ein bis zwei und gegebenenfalls mehr Euro beim Friseur, bei Hotelleistungen (Gepäcktransport) 50 Cent bis einen Euro. Im Urlaubshotel sollten sich nach einer Woche gutem Zimmerservice fünf Euro für diesen Service einstellen, bei Business-Übernachtungen entfällt es heute meistens.

Aber noch einmal: Trinkgeld ist eine freiwillige Leistung und Anerkennung, gestaffelt nach Servicequalität.

In der Gastronomie kann es sinnvoll sein, die Rechnung mit Kreditkarte zu bezahlen und gleichzeitig mit ihr das Trinkgeld (bis 10 Prozent) bar zu übergeben.

Wo nicht?

Völlig unangebracht ist es – obschon sich das mit der Euro-Einführung ein bisschen einzubürgern begonnen hat -, in Geschäften Trinkgeld zu geben. Etwa großzügig im Supermarkt oder beim »Anker« von 2,61 auf drei Euro mit »stimmt schon« aufzurunden. Viele dieser beim Zahlen so großartigen Trinkgeldgeber beschweren sich dann beispielsweise, dass alles mit dem Euro teurer geworden sei.

Im Krankenhaus und praktisch an allen anderen Orten ist Trinkgeld völlig unangebracht. Wenn Sie sich für vorzüglichen Service bedanken wollen, dann bitte mit Blumen, einer Bonbonniere, einem exquisiten Tee oder Ähnlichem. Häufiger österreichischer Fehler: Dort, wo Sie beim Unternehmer (Wirt, Taxiunternehmer) selbst bezahlen, gibt’s natürlich kein Trinkgeld. Sinnvoll ist es aber, hier dem Kellner, wenn er guten Service bot, extra etwas zukommen zu lassen, dies aber sollte auch deutlich herauskommen.

Wann noch?

Guten Service anzuerkennen, auch dort, wo kein Trinkgeld üblich ist, kann aber schon sinnvoll sein. Es ist ein Dankeschön an den anderen, der einem Leistung erbringt. Sinnvoll ist das einmal im Jahr: zu Weihnachten bzw. Neujahr. Da ist es passend, dem Briefträger, wenn er Sie gut »beservict« hat, einen Fünf-
Euro-Schein in einem Kuvert zu geben, oder dem Zeitungszusteller, manche andere Berufsgruppen machen ohnedies einen gewissen Kult daraus, so kommen die Rauchfangkehrer meist von selbst an die Haustür, um mit einem Kalender ein gutes neues Jahr zu wünschen.

Wie lange noch?

Ideal wäre eine Gesellschaft, die kein Trinkgeld mehr braucht und kennt. Bislang aber ist es heute leider noch so, dass viele beispielsweise in der Gastronomie tätige Menschen auf das Trinkgeld als Lohnbestandteil (mit dem alle rechnen) angewiesen sind.

Von K. Kollmann

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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