Das Programm

1996 feierte die zentrale Bildungsorganisation des ÖGB ihr 50-jähriges Bestehen. Als Schlussfolgerung aus dem Rückblick auf diese 50 Jahre schrieb Wolfgang Greif, damals pädagogischer Mitarbeiter des Bildungsreferats:
Da ist … als Moment zu sehen, dass sich GewerkschaftsfunktionärInnen und BelegschaftsvertreterInnen … zunehmend der Legitimationsdiskussion stellen müssen. … Gewerkschaftliche Bildungsarbeit muss hier gemeinsam mit den Belegschaftsvertretungen Modelle entwickeln, wie auch ArbeitnehmerInnen eines „modernen“ Typs die Notwendigkeit der Organisation ihrer Interessen deutlich gemacht werden kann. Strukturell kann diese Herausforderung wohl nur durch eine Konzentration der Kräfte innerhalb des Organisationsgeflechts arbeitnehmerorientierter Bildungsarbeit bewältigt werden. Denn auch der Kernbereich gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung präsentiert sich heute als ein breitgefächertes System unterschiedlicher Bildungsträger und Einrichtungen. Dieses System umfasst die traditionellen Bereiche der Gewerkschaftsbildung als Kern der Organisationsarbeit ebenso wie hochqualifizierte Spezialausbildungen in der Funktionäreschulung. Für die Weiterentwicklung dieses Systems ist es unabdingbar, dass ÖGB, Gewerkschaften und die Kammern für Arbeiter und Angestellte ihre Kooperation aufrecht erhalten und weiter intensivieren.

Von solchen Überlegungen ausgehend, setzten sich 1995 Bildungsverantwortliche und BildungsexpertInnen aus ÖGB und AK in einer Arbeitsgruppe zusammen, um den Koordinationsbedarf festzustellen und die notwendigen Weichenstellungen vorzunehmen. Das Ergebnis der Diskussionen war ein gemeinsames Programm, das im Mai 1996 die Zustimmung des Vorstands der Bundesarbeitskammer und im Juni 1996 die Zustimmung des ÖGB-Präsidiums erhielt. Es handelte sich um ein sehr nüchternes Organisationskonzept, das völlig auf „blumige“ Formulierungen verzichtete, aber vielleicht gerade deshalb den Anstoß zu Veränderungen gab. Als „Kriterien für die Durchführung des Programms“ wurden unter anderem folgende Richtlinien festgelegt:

  • Prinzip der Programmstruktur: Aufsteigende Kursteilnahme – keine Teilnahme an Spitzen- und Spezialkursen, wenn die Grund- und Aufbaustufen nicht absolviert sind. …
  • Berücksichtigung der speziellen Situation der Teilnehmer (wie Freistellung, Verdienstentgang, Betriebsart, Geschlecht, Alter, regionale Besonderheiten, Vorbildung).
  • Mehr Zeitflexibilität bei den Kursformen (Rücksichtnahme auf das Zeitbudget und atypische Arbeitszeiten …).
  • Bessere Verknüpfung zwischen den Bildungsbedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe und den Bildungszielen der „Anbieter“ (mehr Qualifizierungsangebote; ständige Verbindung von Qualifikation und politischer Bildung; …).

Bildungsmanagement ist ein lebendiger Prozess. Manche der Projekte des Programms bestanden den Praxistest nicht oder mussten unter neuen Rahmenbedingungen neu konzipiert werden, andere dagegen wirken bis ins 21. Jahrhundert. So sind zum Beispiel die ÖGB-AK-Bildungsforen in den Bundesländern aus den 1996 angeregten „ÖGB-AK-Ausschüssen für gewerkschaftliche Bildungsarbeit“ hervorgegangen.

Von Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/15.

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