Die Politologin Ursula Filipič, Referentin für Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien, geht in der Geschichte noch einen Schritt weiter zurück. Nach dem Verständnis des britischen Industrial-Relations-Experten Richard Hyman, der in Großbritannien eine marxistisch orientierte Theorie- und Forschungsperspektive der industriellen Beziehungen begründete, „ist Demokratie ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung kapitalistischer Gesellschaften“, erläutert sie. Bürgerrechte seien dabei in drei Stufen durchgesetzt worden.
Die (Lohn-)Arbeitenden im Bereich der Erwerbsarbeit sind – im Unterschied zur öffentlichen Sphäre, wo individuelle Freiheits-, politische und soziale Rechte verankert sind – nicht frei, sondern abhängig vom Willen der ArbeitgeberInnen.
Ursula Filipič, Referentin für Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien
Zivile Bürgerrechte im 18. und 19. Jahrhundert beinhalteten grundlegende individuelle Freiheiten, etwa die Freiheit der Person, die Rede- und Glaubensfreiheit oder die Freiheit, Verträge abschließen zu können. Diese Rechte konnten rund 100 Jahre später um politische Bürgerrechte, wie etwa das Wahlrecht, erweitert werden. Im Lauf des 20. Jahrhunderts konnten schließlich – vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg – wesentliche soziale Bürgerrechte errungen werden. Dazu zählt zum Beispiel ein gut ausgebauter Sozialstaat. Es entwickelten sich aber eben auch Institutionen wie die Gewerkschaften, die sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. Kollektivverträge, aber auch das Streikrecht sind hier zwei der Werkzeuge, die dazu entwickelt wurden. Dennoch wurde die Demokratie nicht eins zu eins auf das Arbeitsleben ausgeweitet.
Hier setzt die Idee der Wirtschaftsdemokratie an. Sie rekurriert auf einen Widerspruch, erläutert Filipič, nämlich „dass die (Lohn-)Arbeitenden im Bereich der Erwerbsarbeit – im Unterschied zur öffentlichen Sphäre, wo individuelle Freiheits-, politische und soziale Rechte verankert sind – nicht frei, sondern abhängig vom Willen der ArbeitgeberInnen sind“.
Dazu erklärt Heinz Leitsmüller, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft in der AK Wien: „Unternehmen sind in der Marktwirtschaft so aufgebaut, dass es nur eine Gruppe gibt, die das Sagen darüber hat, was im Betrieb zu geschehen hat und welche Strategien eingeschlagen werden: Das sind die EigentümerInnen, also diejenigen, die das Unternehmen oder Anteile des Unternehmens besitzen.“ Das spiegle sich auch im Aktienrecht und im GesmbH-Recht klar wider: Über die wichtigsten Veränderungen in einem Betrieb, wie etwa über Umgründungen, entscheidet immer ein Gremium, in dem die EigentümerInnen den Ton angeben, wie etwa die Hauptversammlung oder die Generalversammlung.