Der Ruf nach ökologischer und sozialer Rendite macht noch lange keine bessere Welt – dafür ist vielmehr eine völlige Neuausrichtung der Konzernpolitik von kapitalmarktorientierten Unternehmen notwendig.
Grundsätzlich muss sich die Unternehmensführung an einer konsequenten, transparenten Nachhaltigkeitsstrategie orientieren. Diese sollte zentrale politische Leitlinien wie die UN-Nachhaltigkeitsziele oder die europäischen Klima- und Energieziele 2030 integrieren. Im nächsten Schritt sind Schlüsselindikatoren aus den Kategorien Umwelt, ArbeitnehmerInnen, Soziales und Gesellschaft auszuwählen. Diese müssen mit konkreten Zielvorgaben versehen werden, beispielsweise Reduktion von Emissionen, Gesundheit am Arbeitsplatz oder Diversität in Belegschaft und Führung. Diese nicht finanziellen Indikatoren sollten sich als Bonusziele für das Management und damit in der unmittelbaren Steuerung des Unternehmens wiederfinden. So kann es gelingen, langfristige Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz zu verbinden.
Rückkehr der ehrbaren Kaufleute?
Aufholbedarf
Fest steht jedenfalls, dass es insbesondere nicht finanzielle Anreize (wie die Reduktion von CO2-Emissionen) für eine nachhaltige Ausrichtung der Managementvergütung braucht. In der österreichischen Umsetzung der EU-Regelung kommen die entsprechenden Kriterien aber gerade einmal als Schlagworte vor, und das nicht einmal im Gesetz selbst, sondern in den Erläuterungen zum Gesetz. Darin ist etwa von der Berücksichtigung von „gegebenenfalls ökologischen, sozialen und Governance-Faktoren“ die Rede oder von „Kriterien im Zusammenhang mit der Verantwortung der Gesellschaft“. Zwar hat der Gesetzgeber Mut zur Lücke bewiesen, dennoch ist die Botschaft unmissverständlich: Vorstände müssen künftig stärker am ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Impact des Unternehmens gemessen werden.
Vorstände müssen künftig stärker am ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Impact des Unternehmens gemessen werden.
Doch wie sieht dies in der Realität der österreichischen börsennotierten Unternehmen aus? Eine aktuelle Auswertung der Vergütungspolitik des Managements der 20 ATX-Unternehmen zeigt, dass es großen Aufholbedarf gibt: Nicht finanzielle Zielvorgaben bei Bonuszahlungen spielen nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Vielmehr dominieren Finanzziele wie Steigerungen bei Umsatz oder Gewinn. Dabei könnten gerade kapitalmarktorientierte Unternehmen, was die Auswahl von nicht finanziellen Indikatoren betrifft, aus dem Vollen schöpfen. Immerhin sind sie ab einer Größe von 500 Beschäftigten rechtlich dazu verpflichtet, über sogenannte Key Performance Indicators (KPI) – also Schlüsselindikatoren in den Belangen Umwelt, Soziales, ArbeitnehmerInnen, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption – zu berichten.
„Ökologisch-soziale“ Vorstandsboni
Diese nicht finanziellen Leistungskennzahlen sollten verstärkt zur Unternehmenssteuerung sowie als Zielvorgaben für Managementboni eingesetzt werden. Bislang gelingt diese zukunftsweisende Verknüpfung nur in Ausnahmefällen, die Mehrheit der ATX-Konzerne bevorzugt nach wie vor Finanzkennzahlen. So verweist der Anlagenbauer Andritz darauf, dass sich der Bonus für den Vorstand ausschließlich am Jahresüberschuss orientiert. Dass es anders gehen kann, zeigen Konzerne wie die Österreichische Post: Hier knüpft mehr als ein Drittel (35 Prozent) der variablen Vergütung an Aspekte aus dem Bereich KundInnenorientierung (Zustellqualität), Umwelt und MitarbeiterInnen.
Nicht finanzielle Leistungskennzahlen sollten verstärkt zur Unternehmenssteuerung sowie als Zielvorgaben für Managementboni eingesetzt werden.
Konsequenter könnte darüber hinaus die Unternehmenspolitik des Faserproduzenten Lenzing sein. Dieser hat sich beispielsweise im Rahmen einer umfassenden Klimastrategie vorgenommen, bis 2030 spezifische CO2-Emissionen um die Hälfte zu reduzieren. Erst im vergangenen Jahr hat die Gesellschaft ihr Vergütungsmodell für das Management überarbeitet und laut Geschäftsbericht „im Interesse der Stakeholder ambitionierte sowie relevante Ziele für den Vorstand definiert“. Im veröffentlichten Vergütungsbericht findet sich jedoch kein Hinweis auf umweltbezogene Zielvorgaben, wie z. B. die angestrebte CO2-Reduktion. Dabei würde sich dieser Schritt nicht nur für das Unternehmen und das Management nachhaltig lohnen, sondern auch für die Umwelt.
Mitbestimmung stärkt
Wo kann nunmehr der Betriebsrat ansetzen, um insbesondere in Sachen Klimaschutz eine Neuausrichtung der Konzernpolitik zu bewirken? Neben dem Hinwirken auf eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie bietet sich dafür die Gestaltung der Vorstandsvergütung an: Denn in börsennotierten Gesellschaften ist es die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Grundsätze der Vorstandsbezüge zu definieren. Demnach sind auch die ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat gefragt, auf die Berücksichtigung von umweltbezogenen Komponenten zu achten. So könnten Bonusziele für den Vorstand im Hinblick auf ihre ökologische Nachhaltigkeit anhand folgender Leitfragen geprüft werden:
- Entsprechen die Prinzipien der Vorstandsvergütung den strategischen Nachhaltigkeitszielen?
- Werden die relevanten umweltbezogenen Leistungsindikatoren des Unternehmens in den Bonuszielen berücksichtigt?
- Wird insbesondere auf klimabezogene Auswirkungen der Geschäftstätigkeit Bedacht genommen?
Wollen österreichische Unternehmen in Sachen Klimaschutz zu den Vorreitern gehören, muss sich dies in ihrer strategischen Ausrichtung und damit in letzter Konsequenz in der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung zeigen. Dementsprechend muss der Bonus für Vorstand und Schlüsselführungskräfte verstärkt an umweltpolitischen Zielen ausgerichtet sein. Nur dann haben Unternehmen den Titel „führend im Klimaschutz“ auch wirklich verdient.
Christina Wieser
Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 7/19.
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