Regierung geht Kinderarmut in Österreich nicht an
Im Kampf gegen Kinderarmut stärkt ein breites Bündnis sozialer Einrichtung der österreichischen Regierung den Rücken. Von der Arbeiterkammer (AK) über die Bundesjugendvertretung, die Caritas, bis zum SOS Kinderdorf und der Volkshilfe. Sie alle – und mehr – waren mit Beginn der Debatte eingeladen, Idee und Forderungen in den Nationale Aktionsplan Österreichs (NAP) zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder einzubringen. Im Herbst 2021 haben rund 250 Vertreter:innen und Expert:innen den Inhalt des NAP erarbeitet. Seitdem scheint nichts passiert zu sein.
„Warum müssen Armutsbetroffene schon ein Jahr darauf warten, dass sich Grüne und ÖVP auf einen Nationalen Aktionsplan gegen Kinderarmut einigen? An wem kann so ein Vorhaben scheitern?“, fragen neun der Organisation rhetorisch in einer gemeinsamen Presseaussendung. Und tatsächlich haben andere Nationalstaaten ihre Aktionspläne längst abgegeben. Darunter Deutschland, Kroatien, Spanien, Italien, Griechenland, Litauen und Bulgarien. Johannes Rauch, Bundesminister für Soziales, lässt nach einer parlamentarischen Anfrage wissen: „Der Nationale Aktionsplan Österreichs zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder (NAP) befindet sich aktuell in der finalen politischen Abstimmung.“
Wie final diese Abstimmung tatsächlich ist, kann aber zumindest angezweifelt werden. Denn in der gleichen Antwort heißt es auch, dass die erwähnten Organisationen zwar integraler Bestandteil des NAP seien, ihre genaue Rolle bei der Umsetzung aber noch unklar seien. Denn: „Detaillierte Planungen sind dazu zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.“
Kinderarmut in Österreich: Hilfsorganisationen empört
Die nicht stattfindende Kommunikation stößt den beteiligten Organisationen sauer auf. „Eine Rückmeldung fand nicht statt. Bis heute ist nicht bekannt, ob beziehungsweise wie die gemeldeten Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan Widerhall finden“, so das Bündnis. Hier brauche es Klarheit. Denn einige der vorgeschlagen Maßnahmen würden sie bereits in der Praxis umsetzen. Allerdings häufig ohne nachhaltige Finanzierungszusage.
Genau auf diese stützt sich aber Rauch in seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage. „Mein Ressort fördert zudem zahlreiche Projekte zur Unterstützung benachteiligter Kinder, die von gemeinnützigen Organisationen abgewickelt werden.“ Eine Antwort, die nicht zufriedenstellen kann. Denn Hilfsangebote sind kein Ersatz für einen Sozialstaat. „Die Aktivitäten von Organisationen in diesem Bereich dürfen keine Ausrede sein: Um Kinderchancen zu garantieren, braucht es ein armutsfestes Sozialnetz, chancengerechte Bildung und eine echte finanzielle Absicherung von Kindern“, heißt es in der Presseaussendung weiter. Die erwähnten Ziele der EU seien in Österreich nur dann erreichbar, wenn es strukturelle Reformen gäbe.
https://twitter.com/Arbeiterkammer/status/1602652194146320385
Empfehlung statt Verordnung: Kampf gegen Kinderarmut auf wackeligen Beinen
Doch auch die EU-Forderungen haben einen Haken. Die gewünschten Kindergarantieren sind lediglich eine Empfehlung. Das bedeutet, die Mitgliedsstaaten müssen sie nicht umsetzen. Wobei dann die bereits gestellte Frage bliebe, wer nicht für Bildung, Gesundheit und Essen für arme Kinder ist. Die Regierung könnte die Einhaltung der Kindergarantien aus dem Europäischen Sozialfonds finanzieren. Hier hat Österreich für die Jahre 2021 bis 2027 insgesamt 900 Millionen Euro zur Verfügung. Geld, das allerdings für eine Vielzahl sozialer Projekte ausreichen muss.