1923–1973: 100 Jahre Arbeit&Wirtschaft

Inhalt

  1. Seite 1 - 1923: Über Gründung, Zensur und Wiedergründung
  2. Seite 2 - 1923-1934: Von „roaring twenties“ nichts zu spüren
  3. Seite 3 - 1945-1953: Zuversicht trotz aller Not und Bitternis
  4. Seite 4 - 1954-1963: Das „Wirtschaftswunder“ Österreich
  5. Seite 5 - 1964-1973: Eine neue Zeit beginnt
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Arbeit&Wirtschaft erschien erstmals am 1. Jänner 1923. Wie die Herausgeber Anton Huebner und Franz Domes sowie die Redaktion im Geleit zur ersten Ausgabe schrieben, war das Ziel der Arbeit&Wirtschaft: "Die Machtposition der Arbeit in der Wirtschaft und Gesellschaft darstellen". Ein Dokument Zeitgeschichte der Arbeiter:innenbewegung in Österreich.

1945 – 1953: Zuversicht trotz aller Not und Bitternis

Der Zweite Weltkrieg hatte in weiten Teilen des Landes und in der Wirtschaft seine Spuren hinterlassen. Es fehlte an Kohle und Strom, Nahrungsmitteln, Bekleidung und Medikamenten. Auch gab es nach dem Ende des Nationalsozialismus eine Fülle von sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen. Noch 1947/48 mussten die Menschen – so ÖGB-Präsident Johann Böhm

wie schon sooft vorher,
in ungeheizten Stuben
vor ungedeckten Tischen

Johann Böhm, ÖGB-Präsident

feiern, an denen „Mutter Sorge Platz genommen hat“. Im September 1946 wurden Arbeitsschuhe an die Arbeiter:innen und Angestellten durch den ÖGB verteilt. Mit Hilfe der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Adminsitration), deren Aufgabe es war durch Lebensmittel und Saatgut zu liefern, konnte die unmittelbare Not der Nachkriegszeit gemildert werden. Von entscheidender Bedeutung für den Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft war auch die Marshallplanhilfe (European Recovery Programm).

Es geht ums Ganze! 

Karl Mantler, Präsident der Wiener Arbeiterkammer
und Obmann der Arbeiter in der Lebens- und Genußmittelindustrie

Durch diese Hilfsprogramme, die Preis- und Lohnabkommen und die Schaffung einer stabilen Währungsordnung konnte die österreichische Wirtschaft rasch wieder in Gang gebracht werden. Mit dem Kollektivvertragsgesetz vom Februar 1947 konnten auch wieder frei vereinbarte Kollektivverträge abgeschlossen werden. Zunehmend stabilisierte sich auch die politische Lage, der Abschluss des österreichischen Staatsvertrags ließ allerdings noch auf sich warten

Das Ende des Zweiten Weltkriegs und Gründung von ÖGB und Wiedergründung von AK

eine Fülle von Aufgaben zu erfüllen!

Johann Böhm, Bauarbeiter, ÖGB-Präsident, Staatssekretär für soziale Verwaltung, in: „Arbeit und Wirtschaft, Nr. 6/1948, S. 1

Der Zweite Weltkrieg war in Europa im Mai 1945 zu Ende. Weite Teile Europas und der Welt lagen in Schutt und Asche. In den ersten Apriltagen des Jahres 1945, während sich in Wien noch die letzten Kampfhandlungen abspielten, fanden die ersten Gespräche zur Gründung eines überparteilichen Gewerkschaftsbundes statt. Auf der Vertrauensleutekonferenz am 15. April 1945 in Räumlichkeiten des Westbahnhofs wurde die Gründung beschlossen. Ebenfalls noch im Jahr 1945 wurde die Wiedererrichtung der Arbeiterkammern entschieden.

Die ÖGB- und AK-Präsidenten wussten, dass die Wiedererrichtung wichtiger denn je war:

In der Sozialpolitik ist ein Umbau und Neuaufbau
im Gange, der sich auf alle Zweige dieses komplizierten
Gebietes der Gesetzgebung und Verwaltung erstrecken muß.
Vieles ist bisher geleistet worden, wie zum Beispiel die
Wiederherstellung der Gewerkschaftsfreiheit,
die Arbeiterkammern, das Feiertagsgesetz, das Betriebsrätegesetz,
das Kollektivvertragsgesetz, das Arbeiterurlaubsgesetz,
die Wiederherstellung der Selbstverwaltung
der Sozialversicherung und verschiedenes andere.
Aber manches steht noch aus und sollte bald nachgeholt werden.

Karl Mantler, Präsident der Wiener Arbeiterkammer und Obmann der Arbeiter in der Lebens- und Genußmittelindustrie, in: Arbeit und Wirtschaft, Nr. 4/1947, S 1

Der Schuharbeiter:innenstreik 1948

Die Schuharbeiter:innen kämpften für bessere Arbeitszeitregelungen. | © akg-images/picturedesk.com

Am 3. März 1948 wurde in sämtlichen Schuhbetrieben Österreichs die Arbeit niedergelegt. Der Streik dauerte bis zum 3. Mai 1948. Ziel war es, die Aufnahme von neuen Kollektivvertragsverhandlungen zu erreichen. Ergebnis war ein neuer Kollektivvertrag und Arbeitszeitregelungen. Am 3. Mai, also nach mehr als 60 Tagen, wurde die Schuhproduktion wieder aufgenommen.

Redakteur:innen dieser Zeit

Wilhelmine Moik
Wilhelmine Moik | © ÖGB-Archiv/Kammler

Wilhelmine Moik (1894-1970) trat mit 18 Jahren der Gewerkschaft bei und war ab 1921 für die gewerkschaftliche Organisation von Frauen tätig. Es folgten mehrere Verhaftungen Moiks während des Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Von 1945 bis 1963 war sie Mitglied des Nationalrats, ab 1951 ÖGB-Frauenvorsitzende – und sie schrieb unter anderem für die Arbeit&Wirtschaft.

Otto Leichter (1897-1973) studierte nach dem Ersten Weltkrieg an der Universität Wien und war im Verband der sozialistischen Studenten tätig. 1924 wurde er Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“, wo er bis zum Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) 1934 die Wirtschaftsredaktion leitete. 1934 floh er mit Frau und Kinder in die Schweiz, kehrte dann nach Österreich zurück und war für die illegalen Revolutionären Sozialisten und den Bund der Freien Gewerkschaften tätig. 1938 floh er erneut mit seinen Kindern nach Frankreich, später in die USA. Im Exil war Otto Leichter im Propagandakampf gegen die Nazis engagiert und publizierte über die österreichische Arbeiter:innenbewegung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Österreich zurück und war etwa ein Jahr Redakteur der wiedererstandenen Zeitschrift „Arbeit und Wirtschaft“.

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  2. Seite 2 - 1923-1934: Von „roaring twenties“ nichts zu spüren
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