Europäische Jobgarantie schafft gute Jobs für alle

Ein Arbeiter schlägt sich in die Hände. Er trägt Arbeitshandschuhe und Lärmschutzkopfhörer. Symbolbild für eine Europäische Jobgarantie.
Gute Jobs für alle: Eine europäische Jobgarantie könnte ein Anfang sein. | Adobestock/Jelena
Die Idee einer Europäischen Jobgarantie für alle Menschen im erwerbsfähigen Alter erfreut sich großer Zustimmung. Was steckt dahinter, und ist eine solche Garantie überhaupt realisierbar?
Seit Jahrhunderten fordert die internationale Arbeiter:innenbewegung ein Recht auf gute Arbeit. Doch blickt man heute auf die verschiedenen Länder Europas, dann scheint dieses Recht weiter weg als je zuvor. Einerseits verbreiten sich unsichere und schlecht bezahlte Jobs, zum Beispiel im Dienstleistungs- und Logistiksektor. Andererseits verschärft auch in Österreich die Regierung die Repressionen gegen Erwerbslose und Arbeitssuchende – etwa indem sie Langzeitarbeitslosen Sozialhilfen kürzt oder ganz streicht. So driften diese Bevölkerungsgruppen erst recht in den prekären Jobmarkt. Was könnte eine Europäische Jobgarantie verbessern?

Die Europäische Jobgarantie

Die Idee einer Europäischen Jobgarantie verfolgt zunächst ein anderes Ziel. Sie verspricht sinnvolle, fair bezahlte Jobs für die Menschen, die sie benötigen und wollen. Aber ohne Zwang und ohne Repressionen. Das ist ein Gedanke, der vor allem jungen Lohnabhängigen gefällt. Diesen Schluss legt zumindest eine Studie nahe aus dem September 2023 nahe. In einer Onlineumfrage, an der sich 475 Menschen aus Spanien, Großbritannien, Portugal, Irland, Polen, den Niederlanden, Österreich, Ungarn, Schweden und Slowenien beteiligten, hielten 86 Prozent der Befragten eine öffentlich finanzierte Jobgarantie für eine gute oder sinnvolle Idee.

Auf lokaler Ebene wird in verschiedenen europäischen Staaten bereits mit einer Arbeitsplatzgarantie experimentiert, so zum Beispiel im zur niederösterreichischen Ortschaft Gramatneusiedl gehörenden Marienthal. Über drei Jahre hinweg wurde dort mittels einer Arbeitsplatzgarantie versucht, vor allem Langzeitarbeitslose wieder ins Erwerbsleben zurückzuführen. Eine Forscher:innengruppe aus Oxford begleitete das Projekt und bescheinigte durchwegs positive Ergebnisse.

Eine von Hannah Quinz und Jörg Flecker ausgeführte Studie kam zu ähnlichen Schlussfolgerungen. „Schon, dass ihnen ein Arbeitsplatz angeboten und ihnen dadurch Zugang zu Beschäftigung ermöglicht wird, erleben die meisten Teilnehmer:innen als Wertschätzung ihrer Person“, so die Autor:innen, und stellen fest: „Insgesamt zeigte die Analyse, dass sich das Konzept der Arbeitsplatzgarantie im österreichischen Kontext mit überwiegend positiven Wirkungen für deren Teilnehmer:innen umsetzen lässt.“

Mit einer Europäischen Jobgarantie gegen Langzeitarbeitslosigkeit

Das Experiment in Gramatneusiedl hob das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit von der individuellen auf eine gesellschaftliche Ebene. Dort gehört es auch hin, denn Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Massenphänomen. Im März 2024 waren über 80.000 Menschen in Österreich länger als ein Jahr auf Jobsuche. Laut einer Eurostat-Statistik aus dem August 2023 betrug die Langzeitarbeitslosenquote innerhalb der EU im Jahr 2020 35,4 Prozent. Das ist zwar weniger als der bisherige Höchstwert von 50,4 Prozent aus dem Jahr 2014, aber von selbst verschwindet Langzeitarbeitslosigkeit nicht.

Das erklärt auch AK-Experte Simon Theurl in einem Beitrag über die Europäische Jobgarantie. „Demografische Prognosen deuten auf eine alternde Bevölkerung hin. Obwohl dies in den kommenden Jahren einen dämpfenden Effekt auf die Arbeitslosigkeit haben wird, wird es wahrscheinlich die Langzeitarbeitslosigkeit unter der alternden Bevölkerung erhöhen, da das Risiko in Langzeitarbeitslosigkeit zu verharren, mit dem Alter steigt.“

In Marienthal wurde während der dreijährigen Dauer des Projekts damit experimentiert, diese Entwicklung zu stoppen. Langzeiterwerbslosen wurden gemeinnützige Arbeitsplätze auf freiwilliger Basis angeboten, die nach Kollektivvertrag bezahlt wurden. Damit wurde auf lokaler Ebene der 23. Artikel der UN-Menschenrechtskonvention umgesetzt, in dem es heißt: „Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit.“

Antwort auf Marktversagen

Befürworter:innen der Jobgarantie sehen darin eine Antwort auf das „Marktversagen“, welches Massenarbeitslosigkeit überhaupt erst hervorruft. In diesem Fall sei es „die Aufgabe des Staates, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, wenn der Markt versagt – wenn es also nicht genügend Arbeitsangebote für alle Arbeitssuchenden gibt“, so Theurl.

Ein Aspekt an dem Thema ist, dass sinnvolle Jobs oft deshalb nicht am Markt sind, weil sie der Privatwirtschaft nicht ausreichend profitträchtig erscheinen. Das korrespondiert auch mit den Ergebnissen der eingangs erwähnten Meinungsumfrage. Als Antwort auf die Frage, in welchen Sektoren eine Jobgarantie am meisten Sinn ergeben würde, kamen für eine Mehrheit der Befragten die Bereiche „Care-Arbeit“ und „grüne Jobs“ wie zum Beispiel energetische Sanierung oder die Schaffung einer nachhaltigen Nahrungsversorgung auf die jeweils ersten und zweiten Plätze. Beide Bereiche brauchen mehr Geld vom Staat.

Das passt zu Diskussionen über den ökologischen und sozialen Umbau. Um den Ausbau des öffentlichen Verkehrswesens oder die Umstellung der Energieversorgung zu gewährleisten, müssen hier mehr Fachkräfte her. Gleichzeitig gehören Berufe im Pflege-, Sozial- und Bildungsbereich stark aufgewertet. Hier könnte eine Jobgarantie unterstützend eingreifen, indem sie gute Arbeitsbedingungen und kollektivvertraglich vereinbarte Löhne garantiert.

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